NEUE WEGE
IM AKKU-BRAND
Neue Wege im Akku-Brand
TEXT André Stangl/BHM
FOTOS DOKU-NÖ/J.Bayer, Kim Hong-Ji / REUTERS / picturedesk.com, Peter Gerber, Stamberg / J. Bayer, Christoph Leimig, FF Wiener Neustadt
» Innovation statt Ausnahmezustand. «
Die stille Gefahr in der Energiewende
Ob Smartphone, Solarspeicher oder E-Auto: Lithium-Ionen-Akkus versorgen unsere vernetzte Welt mit Energie. Doch inmitten aller Fortschrittsbegeisterung verbirgt sich eine Herausforderung, die leise, aber mit wachsender Dringlichkeit Einzug in den Feuerwehralltag hält. Akkubrände sind kein Ausnahmefall mehr – sie sind Teil einer neuen Einsatzrealität.
Diese Brände verlaufen anders. Die thermische Reaktion im Inneren des Akkus kann plötzlich und heftig sein, begleitet von Stichflammen, Explosionen, starker Hitze und giftigen Dämpfen. Oft ist es nicht der erste Feuerwehreinsatz, der herausfordert, sondern das, was Stunden später folgt: die Rückzündung. Ein Akku, der scheinbar gelöscht wurde, kann sich erneut entzünden, weil im Inneren noch Reaktionen ablaufen. Dieses Phänomen, bekannt als „Thermal Runaway“, ist das Schreckgespenst aller Einsatzleiter, die Akkubrände bekämpfen.
Was bisher getan wurde: bewährte Methoden, begrenzte Wirkung
Die Feuerwehren in Mitteleuropa setzen beim Umgang mit brennenden Lithium-Ionen-Akkus auf ein breites Spektrum an Taktiken. Das Ziel: eingrenzen, kontrollieren, schützen. Im Zentrum steht oft die Kühlung mit Wasser, denn Wasser hat eine hohe Wärmeaufnahmefähigkeit. Doch es zeigt sich: Wasser kann den Brand nicht immer tief genug durchdringen. Es kühlt – ja, aber oft nur oberflächlich und nur so lange, wie es gezielt aufgebracht wird. Sobald die Kühlung endet, steigt das Risiko einer Wiederentzündung.
Ergänzend wird auf kontrolliertes Abbrennen gesetzt, auf das Einbringen von Löschlanzen in Akkumodulen, auf wassergefüllte Abrollbehälter für verunfallte E-Autos oder auf Löschdecken, die eine Ausbreitung verhindern sollen. All diese Strategien haben sich bewährt – aber sie sind aufwändig, logistisch anspruchsvoll und nicht immer dauerhaft wirksam.
Die Realität zeigt: Jeder Akkubrand ist ein potenziell komplexer Einsatz, bei dem improvisiertes Handeln schnell an seine Grenzen stößt. Es braucht systematische, wiederholbare Abläufe, die planbar, sicher und effizient funktionieren – unabhängig davon, ob es sich um ein
E-Bike, ein E-Auto oder eine stationäre Speicheranlage handelt.

Grenzen des Bekannten: Wenn Wasser nicht reicht
Wasser kann nur kurzfristig kühlen. Es hat keinen dauerhaften Kühleffekt. Damit bleibt die Gefahr einer neuen Entzündung bestehen. Bei tief im Inneren schwelenden Akkuzellen reicht Oberflächenkühlung nicht aus. Besonders bei Hochvolt-Batterien in E-Fahrzeugen oder großen Heimspeichern zeigt sich diese Problematik deutlich: Hier sind oft Zehntausende Liter Wasser nötig, um den Brand unter Kontrolle zu bringen. Das beansprucht nicht nur Einsatzressourcen, sondern stellt auch Umwelt- und Entsorgungsfragen. Denn kontaminiertes Löschwasser, versetzt mit toxischen und teilweise korrosiven Stoffen, muss aufwendig aufgefangen und entsorgt werden.
Hinzu kommt: Schaumstoffe helfen kaum, da Lithium-Ionen-Akkus bei ihrer thermischen Reaktion eigenen Sauerstoff freisetzen – ein Effekt, der klassische Erstickungsstrategien ins Leere laufen lässt. Pulverlöscher haben kaum Kühlungseffekt und versagen bei der Tiefe des Geschehens. CO2 kann Flammen kurzzeitig ersticken, entfaltet aber bei thermisch instabilen Akkus keine nachhaltige Wirkung. Was also tun?
FLX99-TC: Eine neue Generation Löschmittel
Ein österreichisches Unternehmen hat mit FLX99-TC ein neuartiges Speziallöschmittel entwickelt, das genau hier ansetzt. Die Produktbezeichnung ist Programm: FLX steht für Fire & Liquid eXtiguishing – eine neue Philosophie in der Brandbekämpfung. Die österreichische Brandschutzfirma (gerade in Gründung) legt den Grundstein für eine gesamte Löschmittel-Familie. FLX99 ist damit mehr als ein einzelnes Produkt, es ist der Auftakt zu einer systematischen Antwort auf Brände, bei denen klassische Mittel an ihre Grenzen stoßen.
TC steht für Thermal Cooling – der Zusatz zeigt: Hier geht es nicht nur darum, die sichtbaren Flammen zu löschen, sondern vor allem darum, die betroffenen Zellen dauerhaft und tiefenwirksam zu kühlen. Durch diese gezielte Temperaturabsenkung wird der chemische Reaktionsprozess in der Zelle gestoppt, die Batterie physikalisch stabilisiert und eine erneute Entzündung zuverlässig verhindert – ein entscheidender Unterschied zu herkömmlichen Löschmitteln.
Das Mittel enthält eine Lösung auf Wasserbasis, die elektrisch nicht leitend ist. Hinzu kommen mineralische Mikropartikel, die eine isolierende Barriere auf der Brandquelle bilden. Additive sorgen dafür, dass freie Radikale gebunden werden – das stoppt die chemische Reaktion. Das Ergebnis ist ein dreifacher Effekt: schnelle Kühlung, physikalische Abschirmung, chemische Neutralisation.
» dieses Mittel kann die Einsatzstrategie grundlegend verändern. Weniger Wasser, weniger Umweltbelastung, mehr Sicherheit. «
Anwendung in der Praxis: Vielseitig, effizient, sicher
In zahlreichen Praxistests im In- und Ausland hat sich gezeigt: FLX99-TC löscht Akkubrände nicht nur schnell, sondern dauerhaft. Der Wirkstoff sorgt für eine tiefenwirksame und anhaltende Kühlung der betroffenen Zellen. Dadurch wird das thermische Durchgehen zuverlässig gestoppt und eine gefährliche Wiederentzündung ausgeschlossen. Die Kombination aus Löscheffekt und Stabilisierung der Zelltemperatur macht FLX99-TC zu einem echten Gamechanger im modernen Einsatzalltag.
Ob für Feuerwehren, Kommunen, Industrie oder den privaten Gebrauch: FLX99-TC ist vielseitig einsetzbar und passt sich jedem Bedarf an. In Großgebinden zu je 1.000 Litern steht es Einsatzkräften wie der Feuerwehr flexibel zur Verfügung – ideal für individuelle Einsatzszenarien.
Im Jahr 2024 gab es weltweit eine besorgniserregende Zunahme von Bränden, die durch Lithium-Ionen-Batterien verursacht wurden.
London: Die London Fire Brigade verzeichnete 2024 insgesamt 160 Brände, die durch E-Bikes und E-Scooter ausgelöst wurden, was durchschnittlich einem Vorfall alle zwei Tage entspricht. Dies stellt einen signifikanten Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren dar.
Deutschland: Täglich ereigneten sich bis zu 30 Brände in Entsorgungsanlagen, wobei schätzungsweise 80 % dieser Brände auf Lithium-Ionen-Akkumulatoren zurückzuführen sind.
Südkorea: Ein verheerender Brand in der Aricell-Lithiumbatteriefabrik in Hwaseong führte im Juni 2024 zum Tod von 22 Arbeitern.
Doch damit nicht genug: Tragbare Feuerlöscher mit FLX99-TC sind bereits in Entwicklung. Diese sind gezielt für sensible Bereiche wie Flughäfen, Ladeparks oder Logistikzentren gedacht genauso wie für Werkstätten, kommunale Einrichtungen oder den Schutz im eigenen Zuhause. Vom mittleren System bis zur industriellen Großlösung: FLX99-TC bringt Sicherheit dorthin, wo sie gebraucht wird. Die Markteinführung ist für Q3 2025 geplant.
Ein Schritt Richtung Zukunft: Was sich ändert
Mit FLX99-TC wird sich der Umgang mit Lithium-Ionen-Akkubränden grundlegend verändern. Während heute große Mengen Wasser, komplexe Logistik und lange Nachsorgezeiten erforderlich sind, erlaubt das neue Mittel eine gezielte, effektive Brandbekämpfung mit überschaubarem Ressourceneinsatz.
Das betrifft nicht nur Großeinsätze wie Fahrzeugbrände, sondern auch Kleingeräte – etwa in Schulen, Werkstätten oder Haushalten. Ein Notebook-Akku, der zu rauchen beginnt, ein E-Bike im Keller, das Feuer fängt: Solche Szenarien werden durch FLX99-TC leichter beherrschbar. Ein Löschmittel, das den Brand in kürzester Zeit dauerhaft löscht – ohne das Risiko einer Wiederentzündung – verschafft Einsatzkräften und Ersthelfenden wertvolle Sicherheit und Kontrolle.
» Das Besondere ist die Langzeitwirkung. Ein gelöschter Akku bleibt stabil, ohne stundenlange Nachsorge. Das ist eine echte Entlastung für die Einsatzlogistik. «
Ökologie und Wirtschaftlichkeit: Ein neues Gleichgewicht
Neben der Effektivität zählt auch die Umweltverträglichkeit. FLX99-TC ist biologisch abbaubar, nicht korrosiv und kann ohne Spezialausbildung verwendet werden. Das reduziert die Gefahr für Mensch, Material und Natur. Gleichzeitig verringern sich die Folgekosten: weniger kontaminiertes Löschwasser, weniger Gerätereinigung, weniger Nachsorge. Das macht den Stoff auch für Unternehmen, Versicherer und Kommunen attraktiv.
Insbesondere in Zeiten, in denen PFAS-haltige Schaummittel verboten werden, suchen Feuerwehren nach Alternativen. FLX99-TC verzichtet bewusst auf fluorhaltige Zusätze – ein Pluspunkt für Umwelt und Rechtssicherheit. Damit wird das Produkt auch für Werkfeuerwehren, Industrieanlagen und Transportlogistik interessant, die mit kritischer Infrastruktur und Gefahrgut umgehen.
Internationales Interesse wächst
Auch international wird das Thema heiß diskutiert. In Skandinavien, den USA und Teilen Asiens häufen sich Meldungen zu Zwischenfällen mit Akkubränden – insbesondere im Kontext von E-Bussen, E-Fähren und stationären Energiespeichern. Die Lösungsansätze sind ähnlich: Wasser, Spezialcontainer, Passivstrategien. Doch das Interesse an aktiven, kühlenden Speziallösungen wächst rapide. Neben Österreich laufen bereits intensive Gespräche mit Einsatzorganisationen, Behörden und Industriepartnern in elf weiteren europäischen Ländern, die großes Interesse an einer baldigen Einführung von FLX99-TC zeigen. Damit könnte sich das Löschmittel auch über die Landesgrenzen hinaus als internationaler Standard etablieren.

Gefahr durch Akku-Bränd
Immer wieder kommt es zu Bränden von E-Bike-Akkus. In einigen Fällen explodieren Lithium-Ionen-Batterien regelrecht und setzen enorme Mengen an Energie frei. Die Folge sind teils schwer kontrollierbare Großbrände mit hoher Schadensbilanz.
Gesellschaftlicher Nutzen: Sicherheit beginnt beim Vertrauen
Das Vertrauen in neue Technologien hängt immer auch mit der gefühlten Sicherheit zusammen. Wenn Menschen Angst haben, ihr Elektroauto in der Tiefgarage zu parken oder ihr Handy nachts aufzuladen, schadet das der Akzeptanz ganzer Branchen. Innovative Brandbekämpfungsmittel wie FLX99-TC tragen dazu bei, diese Ängste sachlich zu entkräften.
Ein Löscher im Auto, eine Sicherheitslösung in Wohnanlagen oder eine sichtbare Bereitschaft der Feuerwehren, neue Wege zu gehen – all das signalisiert: Wir sind vorbereitet. Wir können mit den Risiken der Zukunft umgehen. Das stärkt nicht nur das Vertrauen in die Einsatzkräfte, sondern auch in die Technologie selbst.
Jetzt handeln, bevor es Standard wird
Die Zeit zu handeln ist jetzt. Lithium-Ionen-Akkus sind gekommen, um zu bleiben – in Handys, Autos, Haushalten und der Industrie. Die Einsätze, die damit einhergehen, werden komplexer, häufiger und fordernder. Mit FLX99-TC steht erstmals ein Mittel zur Verfügung, das mehr kann als löschen: Es schützt, kühlt und verhindert neue Brände – mit messbarem Vorteil für Einsatzkräfte, Umwelt und Bevölkerung.
Wer heute mutig vorangeht, profitiert morgen von Routine, Struktur und Erfahrung. FLX99-TC ist mehr als ein Löschmittel. Es ist ein Werkzeug für den Wandel.
