DAS COOLSTE FEUERWEHR-MAGAZIN

EINMALIG

IN EUROPA

Einmalig in Europa

EINMALIG IN EUROPA

TEXT INGE FUCHS
FOTOS HANNO MEIER

Eine Halle zum Abheben: Das gibt es europaweit nur einmal, und zwar in Bad Tölz. Im Bergwacht-Zentrum für Sicherheit und Ausbildung trainieren viele Einsatzkräfte. So auch die Berufsfeuer-wehr Regensburg am Hubschraubersimulator.

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An rund 300 Tagen pro Jahr trainieren Einsatzgruppen den Ernstfall.
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Ich schwebe in zehn Metern Höhe. Unter mir kahler Betonboden, über mir eine Helikopterkabine. Ich winsle und kralle mich am Rücken meines Retters fest. Wenige Sekunden später dockt er mit seinen Schuhspitzen an den Kufen des Hubschraubers an. Ich hänge an einem Feuerwehrmann und habe keine Ahnung, wie ich es ins Innere der Kabine schaffen soll. „Da bekomm ich dich schon rein“, sagt er zu mir und hängt meinen Karabiner in die Deckensicherung des Hubschraubers. Auf dem silbernen Metallboden rutsche ich nach hinten und befinde mich in Sicherheit. Meine erste Höhenrettung – und ich musste dafür nichts weiter tun, als zu vertrauen.

In den heiligen Hallen

An rund 300 Betriebstagen pro Jahr trainieren Einsatzgruppen im Bergwacht-Zentrum für Sicherheit und Ausbildung in Bad Tölz für den Ernstfall. Vorrangig aus Bayern, aber auch aus allen anderen Bundesländern und sogar Nachbarstaaten kommen Einsatzkräfte hierher. Seit 2008 steht die Halle, die zunächst als Trainingszentrum für die bayerische Bergwacht galt. Seit 2015 können hier definierte Einsatzorganisationen trainieren, die regelmäßig am Hubschrauber eingesetzt werden. Warum hier so viele rein wollen, liegt auf der Hand: In ganz Europa gibt es nichts Vergleichbares. Seilbahnrettung, Wasserrettung, Kletterwände, Tunnelsysteme und ein Bergwetterraum mit Nebel, Wind und Temperaturen bis zu minus 20 Grad  – das findet man so schnell kein zweites Mal. Bei der Anzahl an Einsätzen kaum begreiflich.

Allein im Sommer 2021 rückte die Bergwacht über eintausendmal gemeinsam mit dem Rettungshubschrauber aus. Leiter Tobias Vogl, selbst Bergretter, führt mich durch die Trainingshalle. 60 Meter lang, 25 Meter breit und 17 Meter hoch. Drei große Glasfronten fluten den Raum mit Tageslicht. An der Decke hängen zwei Helikopterkabinen an Kranbahnen, außerdem drei Gondeln und zwei Skilifte. In der Mitte der Halle steht ein Haus mit Balkon und Dachfenstern. „Wir haben damit auf die Hochwasserereignisse der letzten Jahre reagiert“, erklärt Vogl. Menschen von Hausdächern retten: Ein Übungsszenario, das auch die Höhenrettungsgruppe der Berufsfeuerwehr Regensburg heute trainiert.

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DER HOIST OPERATOR WEIST DIE FW-MÄNNER EIN, STEUERT DIE WINDE UND KOMMUNIZIERT ZWISCHEN PILOT UND EINSATZKRÄFTEN.
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LAGEBESPRECHUNG
Bevor es in die Lüfte geht, weist der Hoist Operator die Höhenrettungstruppe ein.

IN ZEHN METERN HÖHE
Autorin Inge Fuchs zusammen mit einem Feuerwehrmann an der Rettungswinde

Gemeinsam fliegen

Neun Feuerwehrmänner umringen einen großen weißen Kasten. Der Flugsimulator von AMST ist deutlich größer als das Modell des ersten Szenarios. Er kann verschiedene Hubschraubertypen darstellen und ähnelt vor allem einem Modell, das die deutsche Bundespolizei einsetzt. Bevor es in die Lüfte geht, weist der sogenannte „Hoist Operator“ die Feuerwehrmänner ein. Er ist es auch, der das Stahlseil steuert, mit den Einsatzkräften kommuniziert und dem Pilot erklärt, wo er hinfliegen muss. Der Simulator hebt ab und zwei Feuerwehrmänner haken sich samt verpacktem Rettungssack an der Winde ein. Der Hoist Operator zieht sie nach oben. An den Kranschienen gleitet die Kabine durch die Halle, hinüber zum Hausdach. Der Hoist Operator seilt die Feuerwehrmänner ab, die per Handzeichen signalisieren, dass sie unten angekommen sind. Beide kraxeln durchs Dachfenster. Diese Übung spielt die Truppe in wechselnden Teams mehrmals durch.

Obwohl die Männer für den Ernstfall üben, kommt der Spaß nicht zu kurz. Da wird der ein oder andere Kamerad schon mal extra fest in den Rettungssack eingepackt. Die Regensburger Berufsfeuerwehrmänner sind erfahren, haben schon einige Einsätze im echten Leben absolviert. Zirka 50 Höhenrettungen seien es pro Jahr, so Gruppenführer Stefan Stauber. „Warum macht man so einen Job?“, frage ich ihn, worauf er erstmal herzhaft lachen muss. „Es ist eine riesige Herausforderung, die Kameradschaft und das Vertrauen untereinander sind etwas ganz Besonderes und gemeinsam Lösungen zu finden, macht einfach unheimlich Spaß“, erklärt er mir.

Gemeinsam retten

Das Training ist geschafft. Die Feuerwehrmänner lauschen den Abschlussworten des Hoist Operators und applaudieren. Ihr sogenanntes Muskelgedächtnis wurde an diesem Tag ordentlich gefordert. Das heißt, die Abläufe und Handgriffe aus dem Training so zu verinnerlichen, dass sie im realen Einsatz sofort abrufbar sind. „Diese einheitlichen Standards sind die Lebensversicherung für Retter und Hubschrauberbetreiber“, erklärt Tobias Vogl. Und deswegen steht hinter der großen Halle auch ein großer Vernetzungsgedanke, denn ganz gleich, welche Farbe der Hubschrauber hat – ob die Bergwacht oder die Feuerwehr an der Winde hängt – hier trainieren und retten alle gemeinsam.

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