Revolution im
Feuerwehreinsatz
Revolution im Feuerwehreinsatz
INTERVIEW BHM
FOTOS ALPHA ROBOTICS, SOCIAL MEDIA
Robotik ist längst kein Zukunftstraum mehr, sondern ein wichtiger Bestandteil moderner Feuerwehren. Von Löschrobotern bis hin zu ferngesteuerten Helfern – diese Technologien retten Leben und entlasten Einsatzkräfte.
» Ferngesteuerte Unterstützungssysteme sind ein echter Gamechanger und werden bald genauso selbstverständlich sein wie Drohnen. «
Der Einsatz von Robotik in der Feuerwehr ist längst keine Zukunftsvision mehr. Von taktischen Löschrobotern bis hin zu ferngesteuerten Unterstützungssystemen – diese Technologien haben das Potenzial, Leben zu retten und Einsatzkräfte nachhaltig zu entlasten. Doch wie sieht der Alltag mit diesen Hightech-Helfern aus und was bedeutet das für Ihre Feuerwehr? BRANDHEISS hat mit Oliver Rasche, CEO von Alpha Robotics Germany GmbH & Co. KG und Feuerwehr-Fachberater für Rettungsrobotik und ferngesteuerte Systeme, gesprochen.
Herr Rasche, als Feuerwehr-Fachberater für den Einsatz von ferngesteuerten Unterstützungssystemen und Rettungsrobotik: Wie können diese Systeme im Feuerwehreinsatz die Arbeit der Einsatzkräfte erleichtern?
Stellen Sie sich eine Vegetationsbrandlage vor. Die Einsatzkräfte müssen schwere Schlauchleitungen bewegen – eine gefüllte B-Leitung wiegt etwa 100 Kilogramm. Ein taktischer Einsatzroboter wie der Magirus Wolf R1, gefertigt von Alpha Robotics, kann acht bis zehn solcher Druckleitungen ziehen. Das spart Kräfte und beschleunigt den Löscheinsatz erheblich. Zudem übernehmen diese Roboter auch das Transportieren von schwerem Material wie Tragkraftspritzen oder Lüftern. Das schont nicht nur die Einsatzkräfte, sondern motiviert sie auch, weil die Arbeit effizienter und weniger belastend wird. Gleichzeitig tragen diese Systeme zur Minimierung von Gefahren bei, da sie den Einsatzkräften ermöglichen, sicherer aus der Distanz zu arbeiten.
Robotik revolutioniert die Brandbekämpfung und erhöht die Sicherheit der Einsatzkräfte.
Sie sprachen von der Minimierung von Gefahren. Was meinen Sie damit genau?
Vor drei Jahren haben wir gemeinsam mit der Verwaltung des Landkreises Vechta den Feuerwehrfachzug „Einsatzzug spezielle Fähigkeiten ferngeführte Systeme und Rettungsrobotik“ ins Leben gerufen. Ziel war es, unsere Lösungsansätze praxisnah zu testen und der Fachwelt zu demonstrieren. Diese bundesweit alarmier- und abrufbare Einheit hat bereits in zahlreichen gefährlichen und komplexen Einsatzlagen bewiesen, wie sicher und effizient unsere Systeme in Schadensereignisse integriert werden können.
Unsere Technik ist inzwischen bei Feuerwehren in Österreich, Deutschland und sogar in der Ukraine im Einsatz. Sie schließt eine wesentliche Fähigkeitslücke in der Gefahrenabwehr. Dennoch überrascht es mich, dass auch schon länger im Markt etablierte Geräte wie das LUF 60 (LUF) oder das TAF 35 (Magirus) nicht längst flächendeckend in Deutschland stationiert sind. Diese Systeme können einen enormen Beitrag zur Sicherheit und Effizienz leisten.
» Roboter übernehmen den sicheren Innenangriff in einsturzgefährdeten Bereichen. «
Können Sie ein Beispiel nennen, wo ein Einsatzroboter den Unterschied gemacht hat?
Natürlich. Bei einem Großbrand, vor einigen Moanten, in Wunsiedel konnte ein Magirus Wolf R1 in einem einsturzgefährdeten Bereich einen Innenangriff durchführen, wo keine Einsatzkraft sicher arbeiten konnte. Auch bei Vegetationsbränden in kampfmittel- oder kampfstoffkontaminierten Umgebungen hat sich der Einsatz unserer Produkte bewährt. Auf einem niedersächsischen Truppenübungsplatz oder in einem Naherholungsgebiet nahe der hessischen Stadt Butzbach – ehemals als Militärgelände genutzt – mussten die von Kampfmittelbeseitigern festgelegten Sicherheitsabstände eingehalten werden. Hier übernahmen unsere taktischen Einsatzroboter, unterstützt durch Leitstandtechnik (VCU), die Brandbekämpfung aus sicherer Entfernung. Ein weiterer denkwürdiger Einsatz war der Brand auf dem Sprengplatz der Berliner Polizei im Grunewald im Spätsommer 2022. Gemeinsam mit den ortsansässigen Kräften trugen unsere Systeme maßgeblich zur Bewältigung dieser schwierigen Lage bei.
Sie sprachen eben von Leitstandtechnik. Wie funktioniert diese?
Rasche: Unsere Vehicle Control Unit (VCU) ermöglicht es, taktische Einsatzroboter wie den Wolf R1 und den Wolf C1 auch außerhalb der Sichtlinie sicher zu steuern. Die Einsatzkräfte arbeiten in einem geschützten, witterungsunabhängigen mobilen Leitstand mit großen Monitoren. Diese zeigen Bilder von Drohnen und den Kameras der Roboter. So behalten die Operatoren die Übersicht und können präzise Entscheidungen treffen. Für die Feuerwehr bedeutet dies: Sie arbeit effizienter und sicherer, auch in unübersichtlichem Gelände.
Mobile Leitstände ermöglichen präzise Steuerung und Übersicht auch in unübersichtlichem Gelände.
Wie sieht die Akzeptanz solcher Systeme bei Feuerwehren aus?
Sie wächst stetig. In Deutschland und Österreich nutzen bereits mehrere Feuerwehren diese Technik, und auch internationale Organisationen wie der staatliche Dienst für Notfallsituationen der Ukraine (DSNS) setzen unsere Systeme ein. Besonders in gefährlichen Einsatzgebieten zeigt sich ihr Mehrwert.
Es gibt also auch Erfahrungen mit diesen Systemen in Krisengebieten. Wie bewerten Sie diese?
Unmittelbar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben wir unseren Kameraden und Kameradinnen des DSNS unsere Unterstützung zugesagt und zunächst einige Komponenten und Systeme gespendet. Die Ukrainer erkannten schnell den taktischen Mehrwert der ferngesteuerten Unterstützungssysteme. Sie konnten der perfiden russischen Zweitschlagstaktik – gezielte Angriffe auf zivile Ziele, gefolgt von einem erneuten Angriff auf eintreffende Rettungskräfte – effektiv entgegenwirken, da kein Personal unmittelbar in den Gefahrenbereichen eingesetzt werden musste.
Zusätzlich erschwerten begrenzte Personalressourcen und die im Vergleich zu unseren Standards oft unzureichende technische Ausstattung der Feuerwehren die Einsätze. Hier wurde der Magirus Wolf R1, zum entscheidenden Gamechanger.
Mittlerweile wurden in der Ukraine mehrere Spezialeinheiten gegründet, die neben unseren Produkten auch Systeme anderer Hersteller wie Magirus und LUF nutzen. Diese Einheiten haben sich zu Experten für den taktischen und effizienten Einsatz von ferngesteuerten Unterstützungssystemen entwickelt.
Wird Robotik die Feuerwehrarbeit langfristig verändern?
Rasche: Davon bin ich überzeugt. Roboter und ferngesteuerte Systeme sind weit mehr als nur technische Spielereien – sie sind ein echter Gamechanger im Feuerwehreinsatz. Daher werden Ferngesteuerte Unterstützungssysteme bald genauso selbstverständlich sein wie heute UAVs. Diese Technologien steigern die Sicherheit, Effizienz und Durchhaltefähigkeit der Einsatzkräfte enorm. Es ist spannend, Teil dieser Entwicklung zu sein.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Rasche.