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SICHERHEIT

OHNE KOMPROMISSE

Sicherheit ohne Kompromisse

TEXT GERNOT FRIESCHER
FOTOS PBI & SHUTTERSTOCK

Vielen Feuerwehrleuten sind die Kürzel „PBI“ ein Begriff. „Hat was mit Feuerwehrschutzbekleidung zu tun, oder so?“, kommt manchem dabei wohl in den Sinn. Das ist im Grunde auch richtig. Doch, PBI Performance Products, Inc. ist kein Konfektionär von Schutzbekleidung, sondern ein hochspezialisierter Faserhersteller, der somit ganz am Anfang der Entstehungskette von Schutzbekleidung steht. Warum es für Feuerwehrleute durchaus von Interesse ist, PBI ein wenig näher zu kennen und zu verstehen, das erläutern wir in diesem Bericht.

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PBI setzt seit 40 Jahren den Maßstab für den Schutz von Feuerwehrleuten.
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Wenn Innovation auf Performance trifft

Wenn man sich ein neues Auto kauft, so interessiert man sich eigentlich nur für das fertige Endprodukt. Selbst der technisch versierteste Kunde würde sich wohl kaum für die Zusammensetzung der Chassis-Legierung interessieren oder welche Art von Lacken verwendet wurde. Beschäftigen wir Einsatzkräfte uns jedoch mit dem ungemein wichtigen Thema der Schutzbekleidung, so ist es durchaus von Vorteil, auch ein wenig über die verarbeiteten Fasern Bescheid zu wissen. Immerhin haben diese einen signifikanten Einfluss auf die Schutzwirkung, den Komfort und die Langlebigkeit der Schutzbekleidung wie etwa einer Jacke, Hose, Handschuhe oder Partikelschutzhauben.

Somit ist es durchaus von Interesse zu wissen, welche Materialien in seiner PSA verarbeitet wurden und was diese imstande sind zu leisten.

 

Von der Raumfahrt zur Feuerwehr

Auch wenn PBI – vereinfacht ausgedrückt für Performance Products Inc. –  seit 1984 technische Fasern kommerziell produziert, so reicht die Geschichte von PBI, die eng in Verbindung mit der NASA steht, wesentlich weiter zurück: Als 1967 drei Crew-Mitglieder der Apollo 1 Mission bei einem Brand in ihrer Kapsel ums Leben kamen, suchte die NASA händeringend nach besseren Materialen, um den Astronauten einen höheren Schutz gegen Feuer und Hitze bieten zu können. In enger Zusammenarbeit mit führenden Wissenschaftlern wie etwa dem amerikanischen Chemiker Dr. Carl Marvel wurde die Entwicklung von Polybenzimidazolen – kurz PBI – maßgeblich beschleunigt. Die enorm hohe Flammresistenz bzw. die hohen Zersetzungstemperaturen der PBI-Fasern schienen wie geschaffen für die Herstellung von Schutz- und Raumanzügen für die NASA.

1984 startete die kommerzielle Produktion der Hightech-Faser. Eine Produktionslinie wurde in South Carolina in Betrieb genommen und bis heute finden PBI-Fasern noch immer in der Raumfahrt Verwendung. So wurden zum Beispiel 2022 die beiden Booster des Raumträgers Artemis 1 mit einer PBI-Isolierung versehen. Ganz beachtlich ist dabei die Tatsache, dass bis heute PBI Performance Products Inc. der einzige Hersteller von PBI-Fasern weltweit ist!

Vielseitig
PBI-Fasern bzw. Polymere kommen nicht nur bei hochwertiger Feuerwehrschutzbekleidung zum Einsatz. Auch in der Raumfahrt und Industrie greift man auf die Hightech-Faser zurück.

Die „goldenen“ Anzüge für Feuerwehren

In den USA erlebten Feuerwehrschutzanzüge, in denen PBI-Fasern verwendet wurden, einen regelrechten Siegeszug. Die einzigartige Schutzwirkung sprach für sich und sie tut es auch heute noch. Die goldfarbenen Schutzanzüge wurden international zu einem Synonym für US-Firefighter. Dabei war die „Farbe“ keineswegs aus optischen Gründen gewählt. Vielmehr ist die goldschimmernde Farbe schlicht und einfach die natürliche Farbe der PBI-Faser und eben nicht – wie viele glauben mögen – eingefärbt. Erst seit einigen Jahren sind auch Gewebe mit PBI-Fasern in anderen Farben für Feuerwehren verfügbar. Doch mit Abstand am häufigsten wird noch immer die goldschimmernde Ausführung gewählt und das aus gutem Grund. An dieser sind Verunreinigungen und Kontaminationen wie etwa durch Ruß am einfachsten zu erkennen.

Schutz, Komfort und Langlebigkeit

Als Faserhersteller steht PBI Performance Products Inc. quasi an erster Stelle in der Wertschöpfungskette. Das Ausgangsmaterial, die PBI-Faser, wird mit Para-Aramid-Fasern zu einem Garn versponnen. Dieser Hightech-Garn ist nun der Rohstoff, aus dem hochspezialisierte Webereien die unterschiedlichsten Gewebe für die vielfältigsten Anforderungen herstellen. Diese Spezialgewebe gehen dann an diverse Hersteller von Schutzbekleidung rund um den Globus.

Die unterschiedlichen Lagen wie etwa Innenfutter und Oberstoff werden von diesen Konfektionären, die Partner von PBI sind, je nach Anforderungen zur gewünschten Schutzbekleidung zusammengeführt. Doch nicht nur in Feuerwehrbekleidung findet die PBI-Faser Verwendung. Auch die Industrie benötigt Gewebe aus PBI wie etwa bei Schutzkleidung für Schweißer. Es sind die einzigartigen Leistungsmerkmale, die mit PBI-Fasern einhergehen, wie etwa die extrem hohen Zersetzungstemperaturen von über 700 Grad Celsius. Zudem bleibt die Faser auch bei extremer thermischer Belastung flexibel, geschmeidig und bricht nicht auf.

Eindrucksvoll vor Augen geführt
Werden Oberstoffe mit PBI einer Beflammung ausgesetzt, ist eindrucksvoll der Unterschied zu Oberstoffen aus Meta-Aramid Mischungen erkennbar. Der Schutzanzug links (mit PBI) hält der Beflammung stand, denn PBI-Gewebe werden nicht spröde, schrumpfen nicht und brechen nicht auf, wenn sie Flammen und extremen Temperaturen ausgesetzt sind. Sie bewahren die weiche Haptik und Flexibilität auch nach Einwirkung von 1000°C Hitze und Flammen.

Die Tatsache, dass PBI-Fasern zudem weder brennen noch schmelzen, macht sie gerade für Feuerwehrbekleidung so außerordentlich wertvoll. Besonders klar vor Augen geführt wurden die Brandschutz-eigenschaften bei einem Test in einem Labor in England: Vor den Augen von Feuerwehrleuten aus verschiedenen Ländern Europas wurden mehrere Mannequins mit Feuerwehranzügen von ein und demselben Konfektionär angezogen. Das Design, die Membrane und das Innenfutter waren jeweils gleich ausgeführt, einzig der Oberstoff unterschied sich.  Die Anzüge wurden einmal  mit PBI-Fasern und einmal ohne PBI-Fasern im Oberstoff ausgeführt. Ganze 8 Sekunden wurden beide Anzüge bei 1000 Grad Celsius (EN ISO 13506:2008) beflammt. Das Ergebnis fiel eindeutig aus, denn im Gegensatz zum Anzug ohne PBI konnte beim Oberstoff mit PBI kein Schrumpfen und kein Aufbrechen der Faser festgestellt werden. Auch die Schutzwirkung war deutlich höher, was in der Praxis eine signifikant niedrigere Gefahr für Verbrennungen bedeutet. Selbst bei einem zweiten Durchlauf waren die Schutzwerte mit PBI noch hervorragend, wogegen beim Anzug ohne PBI im Oberstoff eine zweite Beflammung erst gar nicht mehr möglich war.

Es ist bei der Beschaffung von Einsatz- bzw. Schutzbekleidung nicht leicht, den Überblick über all die Features und Daten zu behalten. Sehr groß ist die Auswahl an unterschiedlichen Herstellern und Marken. Doch wenn man sich erst einmal bewusst wird, welchen enormen Zuwachs an Schutzwirkung und Komfort Feuerwehrbekleidung mit PBI-Fasern hat, dann führt an ihnen bei der nächsten Beschaffung eigentlich kein Weg mehr vorbei.

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