FEUER & HERZ vereint
FEUER & HERZ vereint
TEXT ANDRÉ STANGL
FOTOS FLAMMEN FREUNDE / FF AUGSBURG-OBERHAUSEN
Was mit einem stillen Winken begann, wurde zu einer Initiative voller Menschlichkeit. Die Freiwillige Feuerwehr Augsburg-Oberhausen schenkt kranken Kindern mit ihren Flammen Freunden Kraft, Freude und Nähe. Mit kleinen Gesten und offenem Herzen bringen sie Licht in schwere Tage. Wer mitmacht, wird Teil einer Bewegung, die Hoffnung dorthin bringt, wo sie am meisten gebraucht wird.
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Manchmal reicht ein Blick,
ein Lächeln und ein bisschen Zeit,
um einem kranken Kind
Mut zu machen.
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Manchmal beginnt alles mit einem Winken. Auf der einen Seite: ein Kind am Fenster der Kinderklinik Josefinum in Augsburg-Oberhausen. Auf der anderen Seite: Feuerwehrleute beim Üben oder Reinigen ihres Fahrzeugs. Zwischen beiden: ein kurzer Moment, ein stiller Gruß, ein erstes Lächeln.
Solche Begegnungen waren es, die die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Augsburg-Oberhausen berührten. Immer wieder blickten Kinder neugierig herüber, während sie selbst voller Energie und Stolz ihrem Dienst nachgingen. Doch gleichzeitig wussten sie: Wer aus einem Klinikfenster schaut, hat keine leichte Zeit. Und genau da entstand der Wunsch, etwas zurückzugeben. Aus Mitgefühl wurde eine Idee. Aus der Idee ein Besuch. Und aus einem Besuch eine ganze Bewegung.
Die Flammen Freunde Oberhausen wurden geboren. Eine Initiative, die heute über 300 Kindern in schweren Lebenslagen bereits ein Lächeln geschenkt hat. Und damit viel mehr bewegt, als Blaulicht und Schlauch je könnten.
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Es sind nicht die großen Taten,
sondern die kleinen Begegnungen,
die in den Herzen der Kinder
Spuren hinterlassen
und für immer bleiben.
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Wärme statt Wasser
Die Flammen Freunde besuchen regelmäßig die Kinder- und Jugendklinik Josefinum, direkt neben ihrem Gerätehaus. Bei jedem Besuch bringen sie nicht nur kleine Geschenke mit, sondern vor allem Zeit, Freude, Mitgefühl. Sie erzählen Geschichten aus dem Feuerwehralltag, erklären Geräte, beantworten neugierige Fragen – und schaffen für einen Moment eine Welt fern von Krankheit, Untersuchungen und Klinikalltag.
Mit dabei ist immer auch ihr selbstgebautes Mini-Löschfahrzeug: ein von Gerätewart Thomas Mayer umgebauter Bollerwagen, liebevoll lackiert, ausgestattet mit echtem Blaulicht, kindgerechten Geräten und einem kleinen Geheimfach für persönliche Mitbringsel. Die Kinder dürfen alles anfassen, ausprobieren, entdecken. Sie rollen Schläuche aus, kuppeln Verbindungen, schalten das Blaulicht an. Selbst wenn sie nicht aufstehen können, wird das Fahrzeug direkt ans Bett gerollt. Kein Kind bleibt außen vor.
Höhepunkt jedes Besuchs ist die Ernennung zum Mini-Löschmeister. Die Kinder erhalten eine Urkunde, ein kleines Geschenk und ganz viel Anerkennung. Für viele ist das ein Moment voller Stolz, der noch lange nachhallt.
Der türkis-blaue Helm
Auffällig, freundlich, anders – die Flammen Freunde tragen keine klassischen roten oder gelben Helme. Ihre Helme sind türkis-blau. Die Farbe steht symbolisch für Wasser, für Ruhe, für Vertrauen. Sie signalisiert: Wir kommen nicht zum Löschen, sondern um Mut zu bringen. Um Hoffnung zu wecken. Und um Nähe zu zeigen.
Die Kinder reagieren sofort. Sie fragen, warum die Helme so anders aussehen. Das Eis ist gebrochen, das Gespräch beginnt. Und plötzlich sind die Feuerwehrleute keine Uniformierten mehr, sondern Freunde. Vertraute Gesichter mit offenen Herzen.
Diese bewusste Entscheidung für ein anderes Erscheinungsbild macht die Flammen Freunde unverwechselbar. Und sie hilft dabei, die Mission sichtbar zu machen: Fürsorge statt Feuer. Menschlichkeit statt Mechanik. Nähe statt Notfall.
Begegnungen, die bleiben
Ein Besuch ist nie gleich. Mal bringen sie Ausmalbücher mit, dann wieder ist ein Überraschungsgast dabei – vielleicht die Polizei oder ein Sanitäter. An Weihnachten überreichen verkleidete Feuerwehr-Weihnachtsmänner Geschenke durch die Drehleiter ins Fenster. Zu Ostern gibt es eine Ostereiersuche auf den Stationen. Alles, was für Freude sorgt, wird möglich gemacht.
Auch die psychiatrischen Stationen werden regelmäßig besucht. Wenn es möglich ist, dürfen die Kinder sogar das Krankenhaus verlassen und das Feuerwehrhaus selbst erkunden. Dort können sie echte Einsatzfahrzeuge anschauen, in die Schutzausrüstung schlüpfen, Funksprüche absetzen oder lernen, wie ein Knoten funktioniert. Immer angepasst an das Alter und die Bedürfnisse der Kinder.
Ein Besuch voller Herz
Wenn das Mini-Löschfahrzeug ins Zimmer rollt, leuchten die Augen. Für viele Kinder sind diese Besuche ein echtes Highlight. Blaulicht, Ausrüstung, Urkunde – alles darf angefasst und entdeckt werden. Ein Moment, der bleibt und den Krankenhausalltag für kurze Zeit in den Hintergrund rückt.
Ein besonderes Highlight ist das Ausmalbuch „Florian und die Flammen Freunde“. Es erzählt von einem Jungen, der im Krankenhaus liegt, Besuch von der Feuerwehr bekommt und durch diese Begegnung neuen Mut schöpft. Später tritt Florian selbst der Jugendfeuerwehr bei. Am Ende des Buchs dürfen die Kinder selbst kreativ werden, eigene Geschichten oder Bilder beisteuern. Die schönsten davon werden gesammelt und wer weiß, vielleicht entsteht irgendwann sogar ein zweiter Teil.
Wenn ein Tag alles verändert
Viele dieser Begegnungen begleiten die Feuerwehrleute noch lange. So wie der Tag, an dem sie Marvin besuchten. Er lag bereits mehrere Wochen im Josefinum. Sein Vater ist selbst Feuerwehrmann, und Marvin kannte sich bestens mit den Geräten aus. Als das Mini-Löschfahrzeug in sein Zimmer rollte, begann er sofort, einen eigenen Löschaufbau zu bauen. Hochkonzentriert, begeistert, völlig in seinem Element.
Später besuchte er mit seinen Geschwistern das Feuerwehrhaus. Drei Stunden voller Spiel, Spaß und Funkgerät-Action. Wochen später kam es zufällig zu einem Wiedersehen im Krankenhaus. Marvin erkannte die Flammen Freunde sofort und rannte mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Ein Moment, der niemanden losließ und der zeigt, wie tief diese Besuche wirken können.
Kleine Idee, große Wirkung
Im Juli 2025 wurden die Flammen Freunde mit dem Bayerischen Engagiert-Preis ausgezeichnet. Eine große Ehre für ein Projekt, das im Herzen ganz klein begann. Bei der Verleihung trugen auch Augsburgs Oberbürgermeisterin und der Innenminister einen türkis-blauen Helm. Sie wurden symbolisch in die Reihen der Flammen Freunde aufgenommen und kündigten an, sich künftig ebenfalls persönlich zu engagieren.
Kleine Helden ganz groß
Mitten im Krankenhaus wird aus einem stillen Moment ein unvergessliches Erlebnis. Die Kinder dürfen ausprobieren, lachen, staunen und für einen Augenblick einfach Kind sein. Für dieses besondere Engagement wurden die Flammen Freunde mit dem Bayerischen Engagiert-Preis ausgezeichnet. Eine Anerkennung, die sie mit jedem Besuch neu verdienen.
» Ein Kind zum Lachen zu bringen, ist für uns genauso wertvoll wie ein gelöschter Brand «
Doch der Weg ist hier noch lange nicht zu Ende. Die Flammen Freunde wollen wachsen. Sie möchten ihre Idee mit anderen Städten teilen, andere Feuerwehren motivieren. Das Konzept ist offen und kann leicht angepasst werden. Von individuell gestaltbaren Logos über Materialvorlagen bis hin zu Spendenberatung – wer mitmachen möchte, bekommt Unterstützung.
Die Initiative ist so angelegt, dass jedes neue Team eigenständig arbeiten kann, aber durch den gemeinsamen Geist verbunden bleibt. Es geht nicht um Vorschriften, sondern um Begeisterung. Um den Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun. Und um die Bereitschaft, ein paar Stunden zu verschenken – und damit vielleicht einem Kind den Tag zu retten.
Eine Flamme, die weiterträgt
Die Flammen Freunde erzählen ihre Geschichte auch auf Instagram. Dort zeigen sie, wie ihre Besuche ablaufen, was gespendet wurde, und wie sich das Lächeln eines Kindes anfühlt. Sie machen sichtbar, was oft unsichtbar bleibt. Sie inspirieren. Und sie laden ein.
Denn mitmachen kann jeder. Ob als Feuerwehrmitglied oder einfach als Mensch mit Herz. Es braucht kein großes Team, kein perfektes Konzept, keine lange Vorbereitung. Nur die Entscheidung, nicht wegzusehen, sondern da zu sein.
Am Ende ist es oft nicht der große Einsatz, der etwas verändert. Sondern ein Blick, ein Gespräch, ein kleines Geschenk. Ein Moment, der zeigt: Du bist wichtig. Du bist stark. Und du bist nicht allein.
Kontaktanfragen an:
Flammen Freunde
FF Augsburg-Oberhausen
Michelle Kurz
michelle.kurz@ff-oberhausen.de