DAS COOLSTE FEUERWEHR-MAGAZIN

WELT-

PREMIERE

IN LINZ

Welt-Premiere in Linz

TEXT & FOTOS HERMANN KOLLINGER

Eigentlich hätte die INTERSCHUTZ in Hannover Bühne dieser beeindruckenden Weltpremiere sein sollen. Die Corona-Pandemie war jedoch mitverantwortlich, dass Rosenbauer seine Technikrevolution in einem verhältnismäßig kleinen aber feinen Rahmen in Linz präsentierte und diese zeitgleich mit der ganzen Welt als Live Stream teilte.

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Wahrlich revolutionär! Die Bezeichnung „Revolutionary Technology“ ist in diesem Fall nicht übertrieben. Von A bis Z geht Rosenbauer mit dem „RT“ zukunftsweisende Wege.
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Rosenbauer verstand es bereits im Vorfeld, Fans aus allen Bereichen neugierig zu machen. Mit den entsprechenden Verweisen auf seine Kommunikationskanäle teilte man schon seit geraumer Zeit mit, dass etwas im Busch sei, das die Feuerwehrwelt revolutionieren würde. Die Form erinnerte sehr an die CFT-Serie, welche schon einmal eine entsprechende Präsentation erlebt hat. Lediglich der Innenraum der Mannschaftskabine blieb für viele nach wie vor ein gut gehütetes Geheimnis. Immerhin wollte man im Hause Rosenbauer aus verständlichen Gründen vermeiden, dass Mitbewerber die darin enthaltenen Komponenten und Ausstattungen vorab erkennen.

Von Grund auf neu

Drei Jahre lang wurde bei Rosenbauer an der Entwicklung des neuen Fahrzeuges gearbeitet. Dabei hat man jedoch kein Produkt weiterentwickelt, sondern von Grund auf neu konstruiert. Man hat somit finanziell und technisch weit ausgeholt und an einer revolutionären Technik gearbeitet, die man auch entsprechend bezeichnet: Revolutionary Technology (RT). Revolutionär sind laut Angaben von Rosenbauer insbesondere die Antriebstechnik, die Fahrzeugarchitektur, die Bedienbarkeit und die Konnektivität, die den RT für den Feuerwehralltag der Zukunft fit machen. Kurz umschrieben: Beim Neuling handelt es sich um ein hybrides Einsatzfahrzeug, das vor allem im städtischen Bereich wohl den überwiegenden Teil der Einsätze emissionsfrei abarbeiten können wird. Geht dem Fahrzeug dann doch einmal die sprichwörtliche Energie aus, kann der Dieselmotor problemlos auch über längere Zeit aushelfen und den kontinuierlichen Einsatz gewährleisten. Ist die Technik der Brennstoffzellen zur Serienreife geführt, lässt sich der Dieselmotor problemlos gegen diesen austauschen.

BHM Technik 2020-06 Welt-Premiere in Linz

Viel Power und extreme Wendigkeit

Dass der Elektromotor Power hat, merkt man sofort. Da gibt es kein träges Anfahren, wie man es von schweren Lkws sonst kennt. Der RT schiebt vom Stand weg an, als würde er von einem gewaltigen unsichtbaren Gummiband gezogen werden. Dafür verantwortlich sind zwei Elektromotoren, die eine Gesamtleistung von bis zu 360 kW (490 PS) erzeugen; Schub-Power, wie man es sonst maximal von Flughafenlöschfahrzeugen kennt, die aber doppelt so viel Kraft unter der Haube haben. Ein Zweiganggetriebe sorgt dafür, dass beim Anfahren in steilem Gelände das volle Drehmoment zur Verfügung steht sowie genug Traktion für Steigungen vorhanden ist. Der RT verfügt über ein Niederflur-Chassis mit Kernrohrrahmen zwischen den beiden Achsen, in dem eine rund 550 kg schwere Traktionsbatterie verbaut ist. Dadurch ergibt sich ein ungleich tieferer Schwerpunkt als bei Feuerwehrfahrzeugen auf Lkw-Fahrgestellen und der RT liegt selbst in schnellen Kurven sicher auf der Straße. Seine hohe Wendigkeit verdankt der Neuling vor allem der eigens für dieses Fahrzeug entwickelten Einzelradaufhängung. Dadurch können die Anforderungen in Bezug auf Federweg, Lenkeinschlag und Allradantrieb sinnvoll kombiniert werden. Die Einzelradaufhängung ermöglicht einen gegenüber konventionellen Fahrzeugen mit Allradantrieb deutlich größeren Lenkeinschlag und somit kleineren Wenderadius. Darüber hinaus bietet sie exzellenten Fahrkomfort und eine gute Fahrdynamik. Beim RT mit kürzestem Radstand (3.800 mm) beträgt der Wendekreisdurchmesser ca. 15,00 m, mit aktivierter Hinterachslenkung sogar nur 12,50 m. Das optimiert die Manövrierbarkeit in engen Straßen oder Gassen und ermöglicht die präzise Rangierfunktion im sogenannten Hundegang (Schrägfahrt oder auch Crab bzw. Diagonal steering).

Kompakt und höhenverstellbar

Der RT setzt sich auffällig schlank in Szene. Er ist lediglich 2,35 m breit und erreicht bei einem Radstand von 3.800 mm nur eine Gesamtlänge von 7,3 m. Auf Wunsch stehen den Kunden jedoch auch längere Radstände mit 4.100 und 4.400 mm zur Verfügung. Ohne An- und Aufbauten beträgt die Fahrzeughöhe 2,9 Meter. Eine weitere Besonderheit ist das luftgefederte Fahrwerk mit wählbaren Fahrniveaus. Dadurch kann beim Fahren die Bodenfreiheit dem Untergrund bzw. der Situation angepasst werden: Für Straßenfahrten lässt sich der Abstand auf 250 mm einstellen, für Fahrten durch unwegsames Gelände auf 350 mm und zum Durchqueren von überfluteten Straßen auf 470 mm (Wattmodus). Andererseits erlaubt das Fahrwerk, den RT an der Einsatzstelle auf eine Bodenfreiheit von 175 mm abzusenken, um die Einstiegshöhe in die Kabine auf ein Minimum zu reduzieren.

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Bei der Vorstellung war von einem bahnbrechenden Fahrzeug die Rede – zu Recht.
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Vernetzung pur

Alle Funktionen des Einsatzfahrzeuges, von der Beleuchtung bis zur Löschtechnik, werden digital gesteuert; alle Fäden des Einsatzes laufen im Fahrzeug als Kommandozentrale zusammen. Natürlich gibt es auch im RT noch konventionelle Schalter und Knöpfe, aber die Bedienung erfolgt in der Regel über einen zentralen Touchscreen. Verbaut ist das 17“ große Display in der Mitte des Armaturenbrettes, welches bequem vom Kommandanten am Beifahrersitz bedient und von jedem Sitzplatz im Mannschaftsraum eingesehen werden kann. Für die Pumpe gibt es ein weiteres Bedienpanel an der Fahrzeugrückseite. Darüber hinaus lassen sich viele einsatzrelevante Funktionen auch mit mobilen Geräten von außerhalb des Fahrzeuges einsehen und bedienen. Zu diesem Zweck baut der RT ein eigenes abgesichertes WLAN auf.

Keine Mannschaftstrennung in der Kabine

Mit dem RT gehören auch die Zeiten der getrennten Mannschaft der Vergangenheit an. Fahrer- und Beifahrersitz lassen sich drehen, wenn zum Beispiel eine Lagebesprechung abgehalten wird. Bis zu vier Einsatzkräfte sitzen an den Fahrzeugseiten über den Radkästen der Vorderachse mit Blick zueinander und bis zu drei weitere an der Kabinenrückwand mit Blick nach vorn. Damit ist eine noch nie dagewesene Interaktion und Kommunikation im Fahrzeug möglich und Einsatzbesprechungen können wind- und wettergeschützt in Ruhe und unter Bereitstellung aller relevanten Daten auf dem Zentraldisplay (Gebäudepläne, Kamerabilder, digitale Lagekarten, Nachschubsituation usw.) durchgeführt werden.

Viel Elektrokraft vor Ort

Der RT ist optional mit zwei Hochvolt-Batteriespeichern mit jeweils ca. 50 kWh Kapazität ausgestattet, die nicht nur den Fahrantrieb speisen, sondern an der Einsatzstelle elektrische Energie zur Verfügung stellen. Über das Power Outlet können zeitgleich mehrere externe Geräte wie Lüfter oder Tauchpumpen mit bis zu 18 kW Gesamtleistungsaufnahme betrieben werden. Die Löschwasserpumpe kann einerseits elektrisch mittels Generator, andererseits mittels Range Extender (Dieselmotor) betrieben werden. Für kürzere Löscheinsätze reicht die Energie des RT in der 100-kWh-Variante, bei längeren Einsätzen wird der Range Extender genutzt, der aus einem Sechszylinder-Dieselmotor mit einer Leistung von 200 kW (272 PS) und einem Stromgenerator besteht. Dadurch werden mit dem RT Einsatzzeiten über den Vorgaben der EN 1846 erreicht.

Die externe Aufladung der RT-Batterien kann sowohl mit Wechselstrom aus industrieüblichen Starkstromdosen oder an geeigneten Gleichstromladestationen durchgeführt werden. Bei voller Ladeleistung von 150 kW reicht bereits eine Viertelstunde aus, um den Ladezustand beider Hochvolt-Akkus (100 kWh) von 50 % auf 80 % zu heben.

Mehr als nur ein Löschfahrzeug

Der RT ist ein vollwertiges Tanklöschfahrzeug, seine löschtechnische Ausstattung lässt nichts zu wünschen übrig: Die Rosenbauer Einbaupumpen N/NH25 (2.500 l/min bei 10 bar, 400 l/min bei 40 bar) und N/NH35 (3.500 l/min bei 10 bar, 400 l/min bei 40 bar) können verbaut und mit einem Schaumvormischsystem bzw. einem Druckzumischsystem kombiniert werden. Das Fahrzeug kann mit Wassertanks zwischen 1.000 l und 4.000 l sowie mit Schaumtanks von 50 l bis 400 l ausgestattet werden. Die zentrale Wassereinspeisung befindet sich im Heck, die Druckabgänge in den beiden hinteren Gerätetiefräumen 5 und 6 sowie optional an der Front und am Dach. An diese Abgänge können die Rosenbauer Werfer RM15 (als Front- und Dachwerfer) bzw. RM35 (als Dachwerfer) angeschlossen werden.

Auch wenn die Präsentation auf den ersten Blick vielleicht etwas kleiner als in der Vergangenheit anmutete, so war der Inhalt dieser jedoch ohne Übertreibung wahrlich von Weltformat. 

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