DAS COOLSTE FEUERWEHR-MAGAZIN

Sprung

INS FEUER

Sprung ins Feuer

TEXT: GERNOT FRIESCHER
FOTOS: G. REAPER / USFS / CALIFORNIA SMOKE JUMPERS / MIKE MEADOWS

Sie sind legendär, sie sind Kult und sie sind harte Burschen. Das müssen sie wohl sein. Die Rede ist von den berühmten „Smoke Jumpers“ in den USA. Eine Truppe, die zur Bekämpfung von Waldbränden aus Flugzeugen springt und angeblich das Wort „Angst“ nicht kennt.

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3, 2, 1 Go
Ist die ideale „Dropzone“ gefunden, wird der Countdown gezählt. Spätestens dann gibt es kein Zurück mehr für die „Feuerspringer“.
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Wir befassen uns in diesem Bericht mit waghalsigen Typen, welche freiwillig aus einem Flugzeug springen, obwohl dieses funktioniert, um dann gegen wütende Waldbrände anzukämpfen, die sich schon einmal auf eine Fläche erstrecken können, die eine Flächendimension wie ganz Thüringen erreicht.

Klar, die Rede ist von den weltberühmten „Smoke Jumpers“!

Dabei möchten die Jungs eigentlich überhaupt nicht glorifiziert oder als Helden angehimmelt werden. „Wir sind keine Helden. Vielmehr sind wir ein Haufen Verrückter. Allerdings stellen wir unsere Verrücktheit in den Sinn einer nützlichen Sache“, erzählt uns Mark Sanabo, ein Urgestein der in Idaho stationierten Einheit. „Jeder Mensch und jedes Tier flüchtet vor Rauch und Flammen, wir aber lassen uns mit alten Militärmaschinen über die brutale Hitze fliegen und springen schwer bepackt über der Drop Zone ab“, führt ein anderer „Feuerspringer“ namens Arlen fort.

Eine Voraus- bzw. Schnelleinsatzgruppe

Die Smoke Jumpers sind im Grunde genommen eine Sturmtruppe, die dem US Forest Service (US-Forstverwaltung) unterstellt ist. Diese umfasst landesweit 25. 000 Waldfeuerwehrmänner und davon sind nur circa 400 als Smoke Jumper ausgebildet. Die Arbeit der Smoke Jumpers ist grundsätzlich schnell erklärt: Sie springen, ähnlich wie Fallschirmjäger, über einem Brandgebiet ab und versuchen mit sehr einfachen Mitteln die Brandbekämpfung durchzuführen. Zu ihrem eigenen Schutz führen sie eine Art „Spezial-Iglu“ mit sich, das im Falle einer Überrollung durch das Feuer aufgebaut wird und als Schutz fungiert. Es widersteht zwar Temperaturen bis ca. 900°C, aber jeder Feuerspringer trachtet danach, dieses Iglo lieber nicht benutzen zu müssen. Verständlich, denn während die Flammen über die Konstruktion hinwegrollen, bleibt die Innentemperatur konstant auf 90°C. „Das ist zwar auch nicht angenehm, rettet dir aber das Leben“, meint Arlen, der diese Erfahrung bereits gemacht hat.

In den ausgedehnten Waldregionen der USA und Kanada bzw. auch Alaska ist die Zugriffsmöglichkeit bodengebundener Einheiten sehr eingeschränkt bzw. aufgrund der Distanzen auch gar nicht möglich. Deshalb springen die Smoke Jumpers aus eigens für diese Zwecke zugelassenen Flugzeugen möglichst nahe der Brandstelle ab. Von dort versuchen sie zu Fuß weiterzukommen und beginnen mit der Brandbekämpfung. 

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Im Baum zu landen ist keine Schande. Sich dabei Knochen zu brechen schon.
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Gut geschulte Spezialeinheit

Die „Feuerspringer“ sind in ihrem Bereich durchaus als Profis zu bezeichnen. Durch jahrelanges Training kann eine Absprungstatistik vorgelegt werden, die belegt, dass von 100.000 Absprüngen nur einer tödlich endet. Wohlgemerkt: statistisch gesehen. Zur Sicherheit trägt aber auch die Mannesausrüstung bei. So besteht der Sprungoverall aus Kevlar – ein Material, aus dem auch kugelsichere Westen hergestellt werden. Darunter tragen sie gelbe Hemden und grüne Hosen aus Nomex 800, einer unbrennbaren und nicht schmelzenden Kunstfaser. Ebenfalls eine Spezialanfertigung sind die Springerstiefel, deren Klebstoffe nicht schmelzen. Sind die Jungs sicher gelandet, werden ihnen auf einer Lichtung Kisten nachgeworfen, in denen sich Ausrüstung wie Funkgeräte, Zelte, Proviant, Motorsägen u.ä. befinden. Ab dann sind die Männer in der Hitzehölle auf sich alleine gestellt.

Die Smoke Jumpers werden im Gegensatz zu Einsätzen in bewohntem Gebiet wohl kaum einer Person unmittelbar das Leben retten. Bei der Bekämpfung von Bränden, egal ob in Städten oder in riesigen Waldgebieten, gibt es jedoch keine Rangliste, was wichtiger ist. Bei diesen Einsätzen  stehen zum Teil solch gewaltig große und im Sommer auch zahlreiche Wälder und ganze Waldregionen in Brand, dass diese sehr wohl unmittelbare Auswirkungen auf die Bevölkerung in der Nähe haben. Ist es nicht egal, wenn irgendwo irgendein Baum brennt? Nein! Ist es nicht. Denn das „Irgendwo“ ist für jemand anderen eine unmittelbare Lebensumgebung.

Ausbildung und Taktik der Eliteeinheit

Wie geht man nun bei solch einem riesigen Waldbrand vor? Eigentlich machen es die US-Kameraden nach einem ähnlichen Prinzip wie bei uns Waldbrände bekämpft werden. Allen voran arbeitet der „Sawyer“ mit einer Motorsäge und fällt Bäume, die „Swamper“ beseitigen diese und die „Digger“ graben eine Schneise ins Erdreich. Anschließend werden Gegenfeuer gezündet, um Feuer mit Feuer zu bekämpfen. „Wir löschen nicht! Wir versuchen das Feuer einzukreisen. Löschflugzeuge werfen tonnenweise ein Gemisch aus Wasser und Dünger um die Schneise ab, um den unversehrten Wald zu „wässern“. So soll dem Feuer die Nahrung entzogen werden“, erklärt Arlen die Taktik. Es bedarf nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, wie enorm kräfteraubend es ist, in einen harten, verwurzelten Waldboden eine 2 m breite Furche zu ziehen und das bei großer Hitze. Als Faustregel müssen sie 500 m pro Tag schaffen. Arlen lässt uns wissen: „Ansonsten ist das Feuer bereits zu weit vorangeschritten. Dann war alles umsonst. Und im schlimmsten Fall kommst du selbst nicht mehr nach Hause.“

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KEINE HELDEN; BLOß VERRÜCKTE
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Ob es denn genug Freiwillige für diesen Knochenjob gäbe, wollten wir von ihm wissen. „Es ist komisch, der Job ist mies bezahlt, gefährlich und anstrengend, aber trotzdem bewerben sich hunderte junge Männer und Frauen für gerade einmal 30 freie Plätze in der Eliteeinheit.“ Dazu muss man wissen, dass die Smoke Jumpers nicht nur ein enorm hartes Ausbildungsprogramm zu absolvieren haben; es fängt schon einmal damit an, dass man überhaupt die Selektion schaffen muss. Diese gleicht weniger einer „klassischen“ Feuerwehr Aufnahmeprüfung als viel eher einer Selektion für eine Militäreliteeinheit. Elite – das trifft es wohl am besten. Sie sind bestimmt ohne Übertreibung als Eliteeinheit anzusehen. Allerdings hat diese „Elite“ auch ein gewaltiges Damoklesschwert über ihren Köpfen schweben. Ein Damoklesschwert namens „Tod“! Unter den zahlreichen Gefahren ist es nämlich besonders tückisch, wenn fast 100 m hohe Flammenwände aufgrund starker, sich plötzlich drehender Windböen die Kameraden am Boden einkreisen. „Wenn das geschieht, kann dich fast nichts mehr retten. Dann solltest Du mit der Welt und mit dir selbst im Reinen sein“, schildert uns Mark. Er weiß, wovon er spricht, hat er bedauerlicherweise Kameraden auf diese Art verloren. Kameraden und zugleich beste Freunde, denn das harte Training und die enorm intensive Zeit während der „Hauptsaison“ schweißen die Jungs auf ewig zusammen.
Es ist so wie bei Soldaten im Krieg – im Krieg gegen nahezu aussichtslose Mega-Waldbrände.Dass die Arbeit der Smoke Jumpers jedoch ganz und gar nicht aussichtslos ist, zeigen die Berichte. So konnten tatsächlich mehr als die Hälfte der Einsätze als „erfolgreich abgeschlossen“ angesehen werden. 

Ein Job für Individualisten

Eine Erklärung, warum sich so viele Feuerwehrmänner für diese besonders anstrengende und gefährliche Einheit melden, dürfte wohl der Umstand sein, dass die Smoke Jumpers in den USA regelrecht einen Heldenstatus in der Öffentlichkeit genießen. So wundert es kaum, dass bereits in den 50er Jahren Hollywood ein filmisches Denkmal namens „Red Skies of Montana“ gesetzt hat. Überlieferungen zufolge erlitt der Hauptdarsteller Verbrennungen, Beinverletzungen und schlug sich auch noch die Zähne aus – dabei „spielte“ er nur die Rolle eines Feuerspringers. In den 1990er Jahren wurde das Thema sogar noch einmal von Hollywood prominent verfilmt. Wie gesagt: Die Feuerspringer haben in den USA eben Heldenstatus.