DER
GIGANT
DER GIGANT
TEXT & FOTOS MICHAEL ZÖGER, FREIWILLIGE FEUERWEHR DER STADT KORNEUBURG
Nach einer langjährigen Planungsphase konnte die Freiwillige Feuerwehr Korneuburg in Niederösterreich ein neues Einsatzfahrzeug in Betrieb nehmen. Ein Brummer, der wuchtig wirkt, den heutigen Bedingungen und Anforderungen aber auf jeden Fall entspricht. Brandheiß stellt euch den 4-Achs-Wechsellader vor.
Voriges Jahr (also 2014) konnte die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Korneuburg ein hochmodernes 4-Achs-Wechselladerfahrzeug mit Ladekran [WLFA-K] in Dienst stellen. Das neue Fahrzeug verfügt über einen leistungsstarken 62 mt [Metertonnen] Fahrzeugkran sowie eine 8 to Bergeseilwinde. Der Wechsellader ist in der Lage mit dem 20 to Hakengerät schnell und sicher verschiedenste Wechselaufbauten (Container) aufzunehmen, zu transportieren und am jeweiligen Bestimmungsort abzusatteln. Gemeinsam mit der Stadtgemeinde Korneuburg/Stadtservice (Bauhof) konnten Synergien gefunden werden, sodass das Fahrzeug dual, das heißt sowohl kommunal als auch als Einsatzfahrzeug, in Verwendung stehen wird.
Die Gesamtkosten von rund € 545.000, inkl. USt, teilten sich Feuerwehr (€ 145.000) und Stadtgemeinde mit € 400.000. Zu den Anschaffungskosten wurde eine Förderung vom Land Niederösterreich von rund € 50.000 gewährt.
Langjährige Planung machte sich bezahlt
Der Anschaffung ging eine mühevolle Verhandlungs- und Planungsarbeit der Arbeitsgruppe „WLF“ mit den zuständigen Stellen sowie dem NÖ Landesfeuerwehrkommando voraus. Im Jahr 2008 begannen die ersten Planungsarbeiten für ein derartiges Fahrzeug. Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar, dass das zukünftige Fahrzeug- und Logistikkonzept der Feuerwehr in Richtung eines modular einsetzbaren Wechselladerfahrzeuges gehen muss. Das Versorgungsfahrzeug (Mercedes 410D Pritsche, Baujahr 1991) und das schwere Rüstfahrzeug (Steyr 16 S 25, Baujahr 1992) werden in absehbarer Zeit zu ersetzen sein. Um diese notwendigen Sonderfahrzeuge mit eher geringer Kilometerleistung wirtschaftlich zu ersetzen, sollte ein Trägerfahrzeug angeschafft werden, das den flexiblen Einsatz mehrerer Einsatzcontainer ermöglicht.
Etwa zur selben Zeit stationierte der NÖ Landesfeuerwehrverband den Container WLA „Wasserdienst“ bei der Feuerwehr Korneuburg. Dieser sollte im Katastrophenfall (z.B. Öleinsatz auf der Donau) zum Einsatz kommen – Trägerfahrzeug für diesen Container gab es allerdings keines. Im Einsatzfall musste die Feuerwehr daher auf zivile Fuhrunternehmer, die Stadtgemeinde oder das Rote Kreuz zurückgreifen. Diese Vorgehensweise stellte auf Dauer keine gangbare Lösung dar.
Warum braucht die Feuerwehr ein 4-Achsen-Fahrzeug?
Nach Analyse des Einsatzspektrums wurde rasch klar, dass mit einem „herkömmlichen“ 3-Achsen-Fahrgestell in punkto Nutzlast, Kranaufbau und Containertransport nicht das Auslangen gefunden hätte können.
Problematisch wären hier sowohl der gesetzeswidrige „Überhang“ von größeren Containern von bis zu 2 m hinten, über das Fahrzeug hinaus, sowie in Kauf zu nehmende Abschläge bei der Leistungsfähigkeit des Fahrzeugkrans gewesen.
Ebenso konnte durch das 4-Achsen-Fahrgestell eine 8 to Bergeseilwinde mit direktem Zug nach hinten und ein 20 to Hakengerät mit „Pa-Lift“ (zum Aufnehmen schwerer Container) realisiert werden, um auch in Zukunft bei schweren Bergungen gerüstet zu sein.
»Ein Fahrzeug, so beeindruckend wie ein Kunstwerk. «
»Bei diesem WLFA-K gibt es keinerlei Kompromisse der Leistungsfähigkeit.«
Die Anschaffung selbst erfolgte erstmals in der Geschichte der Feuerwehr über die Bundesbeschaffungsgesellschaft [BBG]. Durch den Kauf über diese „Einkaufsgenossenschaft“ konnte eine Kostenersparnis gegenüber einer Einzelanschaffung erreicht werden, da im Produktepool der BBG ein MAN-LKW-Fahrgestell vorhanden und damit für die Feuerwehr verfügbar war.
Den weiteren feuerwehrtechnischen Aufbau (Kästen und Staufächer) führte die Fa. Keller GmbH Karosserie-, Lack- und Fahrzeugtechnik aus Harmannsdorf-Rückersdorf durch. Die Warn- und Signaleinrichtung, basierend auf der bewährten LED-Technologie, lieferte die deutsche Fa. Hänsch. Die Ladetechnik stellte die Fa. Kuhn bei.
Duale Nutzung mit dem Stadtservice Korneuburg
Stets die Wirtschaftlichkeit einer rund halben Million Euro teuren Fahrzeuganschaffung vor Augen, wurde auf Basis einer Nutzungsvereinbarung mit der Stadtgemeinde Korneuburg eine gemeinsame Verwendung des Wechselladerfahrzeuges beschlossen. Somit kommt der Stadt Korneuburg das neue Fahrzeug gleich doppelt zugute.
Das Stadtservice Korneuburg kann das neue Trägerfahrzeug für ihre Aufgaben heranziehen. Die Fahrer sind ausgebildete Maschinisten und zugleich Mitglieder der Feuerwehr Korneuburg. Im Alarmfall rückt das Fahrzeug gleich von der Gemeindearbeitsstelle in das Feuerwehrhaus ein oder direkt an die Einsatzstelle aus.
Dies bringt nicht nur in der Wartung, sondern vor allem in der Betriebssicherheit Vorteile. Maschinisten, die täglich mit dem Fahrzeug, dem Hakenladesystem und dem Ladekran arbeiten, sind entsprechend gut „in Übung“, was sich natürlich auch für die Verwendung im Einsatz positiv auswirkt.
Taktische und wirtschaftliche Überlegungen
• Wechselladerfahrzeug in Verbindung mit Logistikcontainer ersetzt das bisherige Versorgungsfahrzeug und erhöht die Ladekapazität gleichzeitig um das Dreifache
• Rüstcontainer = geplanter Ersatz für das schwere Rüstfahrzeug
• Optional möglich: Schadstoffcontainer
• Mit einem entsprechend leistungsstark dimensionierten Abrollkipper (Hakengerät) kann eine weitere Kfz-Bergeeinrichtung (LKW/PKW Abschlepp-Plateau) wirtschaftlich realisiert werden, wenn dies in Zukunft von Nöten ist.
• Ladekran mit entsprechender Ausladung ist erforderlich, um folgende Anforderungsspektren abdecken zu können:
– Ölwehreinsatz
– Transport und Aufstellung der gemeindeeigenen Notstromaggregate
• (Zuschaltbarer) Allradantrieb ist erforderlich, um auch bei Leerfahrten im Winter (Schneefahrbahn) gute Fahreigenschaften erzielen zu können.
• Synergieeffekte mit der Stadtgemeinde (Bauhof) bringen Kosten- und Wartungseffizienz sowie auf das Gerät eingeübte Maschinisten (hohe Fahrpraxis)
• Im Ausnahmefall (Katastrophenfall) können nach wie vor Container der Feuerwehr mit Fahrzeugen der Stadtgemeinde transportiert werden.
• Optional: Ankauf eines Kran-Arbeitskorbs
Entlastung der Drehleiter bei Sturmeinsätzen durch Verwendung des Ladekrans mit Arbeitskorb. Grund ist, dass das Betreiben von Motorkettensägen im Drehleiterkorb keine optimale Lösung wegen der Sägespäne, die in den Leiteraufbau fallen können, darstellt.
• Optional: Ankauf eines Schalengreifers oder Holzblochzange. Dreheinrichtung (Rotator) ist am Kran bereits vorbereitet.
TECHNISCHE DATEN
Fahrzeug/Fahrgestell
• MAN 41.480 8 x 6
• 350 kW/480 PS bei 41 Tonnen technisch hzl. Gesamtgewicht
• 1. und 2. Achse gelenkt
• Luftfederung an den Hinterachsen
• Allradfeststellbremse für den Windenbetrieb
• Automatisiertes Getriebe MAN TipMatic als Entlastung für den Maschinisten
• 6-fach Abstützung für den Kranbetrieb
• Lackierung RAL 3.000 (feuerrot)
Zusatzausrüstung WLFA-K
• Hakengerät Abrollkipper Palfinger T20A (200 kN) mit knickbarem Hakenarm
• hydraulische Containerhalteverriegelung, außenliegend
• Rotzler Treibmatic-Winde „fire“ TR80/6,
80 kN Zug nach hinten
• Ladekran PK65002SH,
Hubmoment 608 kNm (62 mt)
• max. hydraulischen Reichweite von 20,3 m bei 2.100 kg
• Überlastsicherung PAL 150 mit Geometrieüberwachung
• Knickarm, 15 Grad nach oben überstreckbar
• Ladekran steuerbar über Funkfernbedienung
• Rotator (Dreheinrichtung am Kranhaken)
Warn- und Signaleinrichtung
• Hänsch-Blaulichtanlage mit Front- und Heck-LED-Leuchten
• LED-Technik gelb oder blau umschaltbar (Kommunaler- oder Feuerwehrbetrieb)
• Umfeld-, Rückfahr- und Gerätefachbe- leuchtung in LED-Technik
• Martinhorn mit Kompressor
Wechselaufbauten
1. „WLA Logistik“
• Ladefläche: 6,2 m x 2,5 m
• Planenaufbau mit abklappbaren Bordwänden
• Beladung erfolgt über Vertikallift am Heck des Containers
• Hebekraft ca. 1.500 kg
2. WLA „A Boot“
• Aufbau: Fa. Stift Stahl u. Containerbau, Karnabrunn
• Baujahr: 2014
• Einsatzgebiet: Der Wechsellade-Aufbau „A-Boot“ wurde konzipiert, um das Boot rasch, auch über weitere Strecken, zu transportieren. Mit dem speziell aufgebau- ten Abrollbehälter kann das Boot direkt vom Wechselladerfahrzeug aus ins Wasser gelassen (geslippt) werden. Sollte dies, aufgrund örtlicher Gegebenheiten, nicht möglich sein, so kann das Boot auch vom Fahrzeug aus per Kran und Kettengehänge abgeladen werden.
3. „WLA Wasserdienst“
• Aufbau: Stift Stahl- u. Containerbau
• Baujahr: 2006
• Einsatzgebiet: Transport von Geräten und Ausrüstung für schwere Öleinsätze auf Gewässern
• Beladung: Bojen, Skimmer, Transportbe- hälter für abgesaugtes Öl-/Wassergemisch, Leinen, Ölsperren
4. WLA „Sonderlöschmittel“
• Baujahr: 2002, 2014 gebraucht angeschafft
• Einsatzgebiet: Ergänzung des Großtanklöschfahrzeuges bei Groß- und
Industriebränden, Transport und Löschein-satz von Sonderlöschmitteln der Klassen B und C
Beladung: 2000l 1% AFFF Schaum/Was- sergemisch, 750 kg BC-Flammbrandpulver
Strahlrohr auf 2 x 60 m Schnellangriffshaspeln für den kombinierten EinsatzLöschmittelausbringung über Stickstoff Gas-Flaschenblock
5. WLA Einsatzleitung
• Baujahr: 2002, 2014 gebraucht angeschafft
• Einsatzgebiet: Bereitstellungsraum für die Einsatzleitung bei Großereignissen (z.B. Hochwasser)