DAS COOLSTE FEUERWEHR-MAGAZIN

IM SCHUTZ

DES FELSEN

Im Schutz des Felsen

TEXT GERNOT FRIESCHER
FOTOS BERGMEISTERWOLF ARCHTEKTEN

Wenn ein Gebäude – man höre und staune – mitten in einen Fels hinein gebaut wird, so erinnert dies eher an ein Versteck eines James Bond Bösewichts als an ein Feuerwehrhaus. Dank der freundlichen Unterstützung von BERGMEISTERWOLF ARCHITEKTEN werfen wir einen Blick nach Südtirol zu den Kameraden mit dem wohl beeindruckendsten Rüsthaus weit und breit.

Viele von Ihnen, werte Leser, leben in einem Haus und einige von Ihnen haben dieses sogar selbst gebaut bzw. maßgeblich mitgestaltet. Neben unzähliger ganz individueller Bedürfnisse ist es den meisten Menschen sehr wichtig, dass viel Tageslicht in das Innere des Hauses gelangt, ein offener Blick ins Freie möglich ist und durch großzügigen Einsatz von Glas möglichst viel von der Umgebung quasi ins Innere des Hauses gelangen kann.  So oder zumindest in ähnlicher Form wird die Aussage auf viele von Ihnen zutreffen und das ist auch völlig normal. Auch beim Bau bzw. bei der Sanierung von Rüsthäusern wird immer mehr Augenmerk auf ein mit Tageslicht durchflutetes Gebäude gelegt. So weit so gut. Nun stellen Sie sich aber einmal vor, man würde von dieser Einstellung abweichen. Und zwar in solch einem Ausmaß, dass man die Dimension erst glaubt, wenn man es tatsächlich gesehen hat. Die Rede ist von einer Feuerwehr, die sich in einem Fels befindet! Als wir davon erfuhren, war jedem in der Redaktion sofort klar: Das ist eine coole Geschichte und darf bei BRANDHEISS somit nicht unerwähnt bleiben.

FF Margreid geht eigene Wege

Gleich vorweg: Auch wenn das Rüsthaus der Freiwilligen Feuerwehr Margreid zwar in einen Fels gebaut wurde, so dringt natürlich auch dort reichlich Licht in die Räumlichkeiten der Südtiroler Kameraden. Immerhin handelt es sich hier um ein hochfunktionales Rüsthaus. Aber eben eines mit einem außerordentlich interessanten Anspruch an moderne Architektur, welches dabei sämtlichen Anforderungen einer modernen Feuerwehr gerecht wird. Verantwortlich für dieses besondere Werk zeichnet sich das Team von BERGMEISTERWOLF ARCHITEKTEN. 

 

Besondere Anforderungen, besondere Lösungen

Um landwirtschaftliche Flächen zu schützen, entschied man sich das Rüsthaus in einen Berg zu bauen. Umfangreiche Planungen und Berechnungen waren erforderlich.

Man  könnte  regelrecht  ein  Ratespiel  daraus  machen:
Was befindet sich hinter der schwarzen Mauer? Dass es sich um ein Kavernengerätehaus für schweres Gerät handelt, errät wohl kaum jemand. Das gelungene Projekt stieß weltweit auf große Anerkennung und Zuspruch.

Sehen wir uns dieses beeindruckende Projekt, das 2010 fertiggestellt wurde, nun etwas genauer an:

Drei große Kavernen wurden in den Berg gebohrt und durch einen Querstollen miteinander verbunden. In einem Abstand von einem Meter wurde eine schwarz eingefärbte und geknickte Betonwand im Neigungswinkel des dahinter befindlichen Felsens vor den Berg gestellt. Diese Wand dient der Absturzsicherung und ist zugleich das auffällige architektonische Element der Feuerwehr. Die Materialwahl fiel bewusst auf Beton, da dieser auf den Betrachter stark, mächtig und beständig wirkt. Das Architektenteam von BERGMEISTERWOLF bewies bei der Farbgebung der Betonwand besonderes Gespür für thematische und architektonische Zusammenhänge. So wurde der dunkle Farbton durch das Aufbringen von Buchenkohlestaub erreicht und soll dem von verbranntem Holz ähneln. Aus der Wand dringen drei Körper. Zwei Garagen durchbrechen diese mit einer Art Portal, welche mit Stahl verkleidet und schwarz lackiert sind. Geschlossen werden die Garagen der Feuerwehrautos mit Schiebefalttoren aus Glas. Die Transparenz der Tore bringt das Rot der Fahrzeuge nach außen und bildet einen ansehnlichen Kontrast zur fast schwarzen Front. 

Das gesamte Gebäude wurde großteils im Inneren des anstehenden Berges realisiert. Es wurden 3 parallele Stollen errichtet, die untereinander jeweils durch einen kleineren Querstollen verbunden sind. Im südlichen Hauptstollen befindet sich der Bürotrakt, im mittleren und im nördlichen Hauptstollen die Stellplätze der Fahrzeuge, der Geräteraum, verschiedene Lager und die Werkstatt.

Das  minimalistische  Design setzt sich im Inneren konsequent fort. Auf eine Verschalung wurde bewusst verzichtet. Die natürliche Felsoberfläche im Inneren der Kaverne sollte erhalten bleiben.

Errichtung auf bergmännische Weise

Die Errichtung aller Stollen erfolgte auf bergmännische Art und Weise und der Vortrieb mittels Sprengungen. Die Absicherung der so errichteten Kavernen erfolgte durch permanente Anker und Spritzbetonschalen. Es wurde bewusst auf die Errichtung einer tragenden Innenschale verzichtet, um die Struktur und die Felsoberfläche im Inneren der Kaverne zu erhalten. Im Inneren der Kavernen bestimmen eher einfache Materialien das Erscheinungsbild. Holz, Glas und Naturstahl ergänzen sich außerordentlich harmonisch und überlassen der in den Fels gebohrten Kaverne mit ihrer rauen, verputzten Oberfläche den optischen Vortritt. 

Wieso wurde in den Fels gebaut?

Diese Frage drängt sich unweigerlich beim Betrachten der Feuerwehr auf. Natürlich hätte man das Gebäude wie üblich auf einem Grundstück errichten können, lässt BERGMEISTERWOLF wissen. Da im alpinen Raum jedoch landwirtschaftlich nutzbare Flächen ein wertvolles Gut sind, hat man sich entschlossen, das Bauwerk in den Felsen zu verlegen. Somit wurde landwirtschaftliche Fläche geschützt und ein aktiver Beitrag zur Ressourcenschonung geleistet. Apropos Ressourcen: Der Gemeinde Margreid war es ein wichtiges Anliegen, das Bauwerk möglichst energieeffizient zu realisieren, um Betriebskosten zu sparen und einen Beitrag zum Umweltschutz zu erbringen. Da nur die Portale der Außenluft ausgesetzt sind und alle restlichen Flächen der Gebäudehülle an den Felsen grenzen, konnte der Heizenergiebedarf von vornherein reduziert werden. Durch eine ausgeklügelte Simulation konnte genau ermittelt werden, ob bestimmte Räume (z.B. die Geräteräume) im Fels nur über die natürliche Felstemperatur beheizt werden können. Die restliche benötigte Heizwärme sowie die Aufbereitung von Warmwasser werden mit einer ökologischen Pelletsanlage bewerkstelligt. 

Nun lässt sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten und vermutlich wird wohl nicht jeder von diesem Projekt restlos angetan sein. Dass eine Gemeinde jedoch den Mut aufbringt, für den Bau einer Feuerwehr nicht den einfachsten Weg zu beschreiten, ist durchaus beachtlich. Wenn dieser Mut letztendlich durch ein solch gelungenes Endresultat belohnt wird, bleibt zu hoffen, dass wir noch öfter über ähnliche architektonische Meisterleistungen im Bereich der Feuerwehr berichten können. 

Minimalistisch, zeitlos und hochfunktional
Dieses Kavernengerätehaus unterliegt keinen modischen Trends. Dem Architektenteam ist es gelungen, einzigartiges Design mit großer Funktionalität zu vereinen.