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FEUER und SCHLAMM

Katastrophen im Doppelpack

Feuer und Schlamm, Katastrophen im Doppelpack

TEXT HERMANN KOLLINGER
FOTOS NOAH BERGER / AP, LI YING XINHUA / EYEVINE, JAE C. HONG / AP, MARK RALSTON / AFP, PICTUREDESK.COM, RANDY BRESNIK, NASA, ERICK MADRID / ZUMA

Dass aus Kalifornien jährlich Wald- und Buschfeuernachrichten über die Newsticker der Welt laufen, ist tragischerweise schon Standard. Im letzten Quartal 2017 wuchsen diese Feuer jedoch zu einer noch nie dagewesenen Dimension an. Laut California Department of Forestry and Fire Protection ist die California Wildfire Saison 2017 die schlechteste in der Geschichte. Nach der Brandkatastrophe folgte im Jänner 2018 der Starkregen – samt riesiger Schlammlawinen, die genauso todbringend waren wie das Feuer.

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DIE KATASTROPHEN KOMMEN IMMER ÖFTER UND WERDEN ZUNEHMEND ZERSTÖRERISCHER.
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Erst hatte in der Region monatelang Dürre geherrscht, dann fiel so viel Regen wie seit Monaten nicht mehr. Die Regenfälle lösten Schlammlawinen mit gewaltiger Zerstörungskraft aus. Zahlreiche Häuser wurden schlicht weggeschwemmt.

Wald- und Buschfeuer zählen in Kalifornien Jahr für Jahr zu den üblichen Begleiterscheinungen und sind fixer Bestandteil der dortigen Einsatzkräfte der Feuerwehr. Dass die Feuer auch so nahe an die Region von San Francisco mit sieben Millionen Einwohnern herankommen, ist neu und außergewöhnlich.

Laut Medienberichten handelte es sich 2017 um eine der größten Feuerkatastrophen seit Menschengedenken. Tausende Feuerwehrmänner standen bis zur Erschöpfung im Einsatz und berichteten über ein Ausmaß an Zerstörung, das sie bislang noch nie zu sehen bekommen hatten.

 

Feuer durch Regen begünstigt

Begünstigt wurden die Brände ausgerechnet durch Regen. Wie das geht? Kalifornien leidet an einer schon seit fünf Jahren vorherrschenden Trockenheit, welche jedoch im Frühling durch ausreichend Regen vorübergehend ausgesetzt hatte. Zwischen Oktober 2016 und Mai 2017 gab es Rekordregenfälle, die von den Einheimischen mit Jubel begrüßt wurden – die braunen Berghänge ergrünten erstmals seit Jahren! Das hielt ein paar Monate an, dann kam der heißeste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Seit Juli fiel nur ein Viertel der üblichen Regenmenge. Die neu erblühte Vegetation vertrocknete und wurde zum perfekten Futternapf für die folgenden Feuer.

Der Mini-Flugzeugträger im Wert von 750 Millionen Dollar befand sich für Wartungs- bzw. Umrüstarbeiten im Heimathafen. Zwei Jahre sollten die Arbeiten dauern.

Die Basis für diese Rekordfeuer

Drei Bedingungen müssen erfüllt werden, damit ein Feuer sich auf einer großen Fläche ausbreiten kann; Brennstoff gab es, wie oben erwähnt, schon einmal reichlich. Dazu braucht’s dann auch den zündenden Funken. Und davon muss es offensichtlich viele gegeben haben, denn man zählte alleine innerhalb einer Woche 22 Brandherde und das obwohl es keine Gewitter mit Blitzschlägen gegeben hatte. Somit bleibt der Mensch als Auslöser der Hauptverdächtige – seien es weggeworfene Zigaretten, Funkenflug beim Bahnverkehr oder schleifende Metallteile auf einer Straße. Im Verdacht steht laut einem Bericht der „Zeit“ auch der staatliche Energieversorger Pacific Gas & Electric Company (PG&E) und seine im internationalen Vergleich eher rustikale Infrastruktur: Haben Stromleitungen das Feuer ausgelöst, nachdem der Wind die Masten zu Fall gebracht hat? Oder sind die Masten erst umgestürzt, als es schon brannte? Die Ermittlungen dazu sind nach wie vor nicht abgeschlossen. Die letzte notwendige Bedingung für ein Flächenfeuer dieses Ausmaßes war auch erfüllt: der Wind. Starke Böen zogen von Nordosten nach Kalifornien hinein. Ihr Ursprung – das große Becken in Nevada und Utah – liegt höher als der Küstenstaat. Beim Abstieg von der Bergkette der Sierra Nevada wärmten sich die Luftmassen auf, die relative Feuchtigkeit sank. Diese trockenen, warmen Winde fachten das Feuer an und drückten es in Richtung Küste. So gelangten die Brände aus der dünn besiedelten Bergregion in die dichter bevölkerten Bezirke Napa und Sonoma.

Die Winde waren es auch, die den Einsatz von Löschflugzeugen und Hubschraubern vorübergehend immer wieder unmöglich gemacht haben und alles in der Hand der tausenden Feuerwehrleute am Boden liegen ließen.

San Francisco wie Peking

Die Feuer haben jedoch auch eine andere Auswirkung, denn so schöne Sonnenuntergänge wie an zwei Tagen Mitte Oktober hatte San Francisco lange nicht erlebt. Glutrot hing die Sonne in den Abendstunden über der Stadt, eine fast unnatürlich erscheinende Färbung. Ursache für das Naturschauspiel waren die Aschepartikel in der Luft. Die kalifornische Metropole, sonst bekannt für die kühle Meeresbrise, die vom Pazifik herweht, verzeichnete jedoch tagelang eine Luftqualität wie in Peking. Die Schulkinder durften in der Pause nicht draußen spielen, Gesichtsmasken waren ausverkauft.

Nordfeuer betraf 900 km2

Die Bilanz der Oktober-Feuer im Norden Kaliforniens ist verheerend: Mehrere Tausend Häuser fielen den Flammen zum Opfer; mehr als 40 Menschen mussten dabei ihr Leben lassen; über 20.000 mussten vorübergehend evakuiert werden. Hinzu kommen vom Feuer vernichtete Flächen in einem Ausmaß von mehr als 900 km2!

 

Nach dem Norden brennt der Süden

Keine zwei Monate nach den Feuern im Norden Kaliforniens lodern die Flammen schon wieder im Land: Dieses Mal weiter südlich. Rund um Los Angeles fraßen sich in mindestens sechs Regionen Flammen durch die Landschaft. Hunderttausende Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden; mehr als 430 Gebäude wurden durch die Brände zerstört. Ein Feuer nahe Santa Barbara und Ventura wurde zum viertgrößten Flächenbrand in Kalifornien seit 1932. „Das sogenannte Thomas-Feuer hat mehr als 980 km2 niedergebrannt und mehr als 900 Gebäude zerstört”, so ein Zitat der Behörde. Es verschlang fast die ganze Stadt von Ojai und ein Gebiet nördlich von Ventura! „Thomas“ kostete aber auch einen Feuerwehrmann das Leben. Der 32-Jährige starb an einer Rauchgasvergiftung.

Das Feuer macht vor niemandem halt. Farmer und Züchter versuchen ihre kostbaren Tiere in Sicherheit zu bringen.

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ALS ICH STUNDENLANG UNTER DEN TRÜMMERN LAG, DACHTE ICH, ICH SEI TOT.
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Edelgestüte wurden Raub der Flammen

Neben den menschlichen Tragödien forderten die Flammen natürlich auch einen immensen Tribut von der Tierwelt. Die Gegend von San Diego ist Pferdeland. In dem Inferno im Dezember mussten auch mehrere Dutzend Renn- und Zuchtpferde ihr Leben lassen. Mehrere Gestüte brannten komplett nieder. „Es war die Hölle, die schlimmste Nacht meines Lebens”, sagt ein Wachmann des Trainingszentrums im kalifornischen Bonsall in den Medien und starrt auf die verkohlten Ställe. Sie seien zu 75 Prozent verbrannt und viele ihrer Bewohner mit ihnen. Binnen Minuten verschlangen die von den Santa-Ana-Winden angefachten Buschbrände ganze Hügel. Angesichts der sprichwörtlich heranrasenden Flammen beschlossen die Betreiber des Trainingslagers, die Ställe einfach zu öffnen, um den Pferden die Flucht zu ermöglichen. Doch die Panik machte viele Tiere kopflos: Statt zu fliehen, drehten sie sich nur hilflos im Kreis und kehrten dann in ihre Ställe zurück. „Das ist ihre Sicherheitszone. Wir versuchten sie zu vertreiben, doch dann sahen sie, wie andere zurückkehrten, und folgten ihrem Herdentrieb.” Das Zentrum beherbergte den Angaben zufolge rund 500 Renn- und Zuchtpferde, darunter viele besonders edle Tiere. „In einigen Ställen war das billigste Pferd 250.000 Dollar wert.” Im Elitetrainingszentrum für Rennpferde San Luis Rey Down breitete sich beim Anblick des herannahenden Feuers in Minutenschnelle Chaos aus. „Ich war auf dem Weg in meine Scheune, um meine Ausrüstung abzulegen, als ich den Rauch roch”, sagt Trainerin Kim Marrs. Innerhalb von zwei Minuten habe sie die Flammen bereits einen nahe gelegenen Hügel entlangrauschen sehen.

Edelgestüte wurden Raub der Flammen

Neben den menschlichen Tragödien forderten die Flammen natürlich auch einen immensen Tribut von der Tierwelt. Die Gegend von San Diego ist Pferdeland. In dem Inferno im Dezember mussten auch mehrere Dutzend Renn- und Zuchtpferde ihr Leben lassen. Mehrere Gestüte brannten komplett nieder. „Es war die Hölle, die schlimmste Nacht meines Lebens”, sagt ein Wachmann des Trainingszentrums im kalifornischen Bonsall in den Medien und starrt auf die verkohlten Ställe. Sie seien zu 75 Prozent verbrannt und viele ihrer Bewohner mit ihnen. Binnen Minuten verschlangen die von den Santa-Ana-Winden angefachten Buschbrände ganze Hügel. Angesichts der sprichwörtlich heranrasenden Flammen beschlossen die Betreiber des Trainingslagers, die Ställe einfach zu öffnen, um den Pferden die Flucht zu ermöglichen. Doch die Panik machte viele Tiere kopflos: Statt zu fliehen, drehten sie sich nur hilflos im Kreis und kehrten dann in ihre Ställe zurück. „Das ist ihre Sicherheitszone. Wir versuchten sie zu vertreiben, doch dann sahen sie, wie andere zurückkehrten, und folgten ihrem Herdentrieb.” Das Zentrum beherbergte den Angaben zufolge rund 500 Renn- und Zuchtpferde, darunter viele besonders edle Tiere. „In einigen Ställen war das billigste Pferd 250.000 Dollar wert.” Im Elitetrainingszentrum für Rennpferde San Luis Rey Down breitete sich beim Anblick des herannahenden Feuers in Minutenschnelle Chaos aus. „Ich war auf dem Weg in meine Scheune, um meine Ausrüstung abzulegen, als ich den Rauch roch”, sagt Trainerin Kim Marrs. Innerhalb von zwei Minuten habe sie die Flammen bereits einen nahe gelegenen Hügel entlangrauschen sehen.

Gebäude mitgerissen

Die meisten der Toten wurden in der rund 150 km nordwestlich von Los Angeles liegenden Stadt Montecito gefunden. Mehrere Gebäude wurden dort von Wasser und Geröll mitgerissen. Teilweise stand der Schlamm hüfthoch in den Straßen. Laut Behördenangaben wurden 100 Einfamilienhäuser und acht Geschäftsgebäude zerstört; 320 weitere Bauten seien beschädigt worden; mindestens 20 Menschen fanden den Tod. Ein dreijähriges Mädchen ist das jüngste Opfer, ein 89-jähriger Mann das älteste. In Sherman Oaks riss ein umstürzender Baum Stromleitungen mit sich und krachte auf ein Auto. Der 55-jährige Fahrer starb an einem Stromschlag. In Studio City stürzten hingegen zwei Autos in ein sechs Meter tiefes Loch. Die Fahrer konnten von den Einsatzkräften unverletzt gerettet werden.  Für Santa Barbara, Los Angeles und Ventura hatten die Behörden eigentlich Evakuierungen angeordnet. In Santa Barbara seien den Anweisungen aber kaum Menschen gefolgt.

Was sich diesen Schlammlawinen in den Weg stellt, wird erbarmungslos zerstört. Zurück bleibt ein Bild der Verwüstung.

Sechsstündige Rettung

Auch diese Tragödie bot für die an die 500 eingesetzten Retter zumindest kleine Wunder zwischendurch: Einsatzkräfte retteten in der Stadt Montecito ein 14 Jahre altes Mädchen aus Schlammfluten, die das Haus weggerissen hatten. Die 14-Jährige war mehrere Stunden in den Trümmern gefangen gewesen. Nachdem Suchhunde sie gefunden hatten, dauerte ihre Rettung weitere sechs Stunden.

„Ich dachte, ich sei tot”, sagte die Jugendliche, nachdem Feuerwehrleute sie befreit hatten. Insgesamt waren mehr als 300 Menschen von den Fluten eingeschlossen und teilweise auf Hilfe aus der Luft angewiesen.

Teuerstes Katastrophenjahr für die USA

306 Milliarden US-Dollar, umgerechnet rund 254 Milliarden Euro, kosteten den Vereinigten Staaten übrigens die Naturkatastrophen, die das Land im Jahr 2017 heimgesucht haben. Laut aktuellem Bericht der nationalen Behörde für Ozeane und Atmosphäre (NOAA) ist es das bisher kostspieligste Naturkatastrophenjahr seit der Einführung der nationalen finanziellen Schadensstatistik im Jahr 1980. Für die Waldbrände von Kalifornien bilanzierte die NOAA Schäden in Höhe von 18 Milliarden Dollar – das Dreifache des bisherigen Jahresrekords. Bei insgesamt 16 Naturkatastrophen habe die Schadenssumme die Schwelle von einer Milliarde Dollar überschritten, stellte die Behörde fest. Darunter fielen neben den drei Hurrikans und den Waldbränden zwei Überschwemmungen, ein heftiger Frost, acht schwere Stürme und eine Dürre. Nie seien in einem einzigen Jahr mehr Milliarden-Schadensereignisse festgestellt worden. Laut dem neuesten Bericht der NOAA war 2017 in den USA außerdem das drittwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. In sechs Bundesstaaten wurden Temperaturrekorde aufgestellt. Die NOAA rechnet damit, dass sich die Klimaveränderung in den USA fortsetzt. Die Zeichen stünden auf einer „langfristigen Erwärmung”, sagte Deke Arndt, der die Überwachungsstelle der Nationalen Zentren für Umweltinformationen der NOAA leitet. Zugleich betonte Arndt, dass durch die Klimaerwärmung starke Kälteperioden nicht ausgeschlossen seien. Doch diese Kälteeinbrüche wie derzeit an der US-Ostküste würden durch die überdurchschnittlichen Temperaturen während anderer Teile des Jahres „mehr als ausgeglichen”, heißt es in dem Bericht.

Wegen des Kälteeinbruchs in Teilen der USA hatte sich US-Präsident Donald Trump Ende Dezember über den Klimawandel lustig gemacht. „Vielleicht könnten wir ein bisschen von dieser guten alten Erderwärmung gebrauchen”, schrieb er auf Twitter und löste damit bei einigen Experten Empörung aus.