DAS COOLSTE FEUERWEHR-MAGAZIN

Ach du

dickes

Ding

Ach du dickes Ding

TEXT GERNOT FRIESCHER
FOTOS LUKAS, SHUTTERSTOCK.COM

Augen und Ohren sollte man nicht nur im Straßenverkehr stets offen halten, auch in der Feuerwehrbranche lohnt es sich, sich umzuhören und umzusehen. Bei der Fachmesse „RETTmobil 2019“ in Fulda griff die LUKAS Hydraulik GmbH ein Thema auf, dem durchaus mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. Wir widmen uns – in Kooperation mit dem führenden Anbieter hydraulischer Rettungsgeräte – der „patientenorientierten Rettung bei Lkw-Unfällen“.

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Patientenorientierte Rettung
ist Teamwork aller beteiligten
Einsatzkräfte
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Wir haben uns eigentlich alle schon damit abgefunden – es stehen auch keine nennenswerten Alternativen zur Wahl –, der rechte Fahrstreifen einer Autobahn gehört den Lkw. Diese Tatsache ist auch wenig verwunderlich. Ein boomender Onlinehandel inkl. gratis Rückversand oder das für so manche angeschlagene Wirtschaft essentielle Import-/Exportgeschäft führen zu einem Zuwachs des Schwerverkehrs. Alleine die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Lkw legten laut Kraftfahrt-Bundesamt über 730 Mrd. Kilometer zurück! Auf 260 Mio. Lastfahrten entfielen eine Transportmenge von 3,1 Mrd. Tonnen. Zählt man nun auch noch den internationalen Fernverkehr hinzu, kann man getrost sagen: „Es sind ganz schön viele Lkw auf den Straßen.“

ZUNEHMEND MEHR EINSÄTZE BEI LKW-UNFÄLLEN

Das steigende Verkehrsaufkommen von Pkw aber vor allem Lkw spiegelt sich auch in den Einsatzstatistiken der Feuerwehren wider. Allen Szenarien voran wird die Lkw-Unfallstatistik von Auffahrunfällen angeführt. Da sich das Anforderungsprofil für Einsatzkräfte bei Lkw-Unfällen durchaus zu Pkw-Unfällen unterscheidet, möchten wir uns diesem Thema widmen. Die in Erlangen ansässige LUKAS Hydraulik GmbH setzte aus gutem Grund bei der Fachmesse „RETTmobil“ in Fulda den Themenschwerpunkt auf die korrekte Verwendung hydraulischer Rettungsgeräte an Lkw. „Wir haben festgestellt, dass es einen steigenden Wissensbedarf in dieser Angelegenheit gibt, der unserer Meinung nach nicht ausreichend gestillt wird. Gemeinsam mit der Feuerwehr Fulda haben wir eine patientenorientierte Rettung bei einem Lkw in Form eines Workshops durchgeführt und daraus auch einen professionellen Informationsfilm gestaltet“, so Jessica Forster, Marketingmanagerin bei LUKAS. Dieser Film kann durch Scannen des QR-Codes am Ende des Artikels direkt auf dem Mobilgerät betrachtet werden.

Bei der RETTmobil präsentierte die Lukas GmbH in Kooperation mit der FW Fulda eine vorbildliche Rettung aus einem Lkw. Mittels QR-Code kann die gesamte Aktion als Film angesehen werden.

ABLAUF IN VIER PHASEN

Gleich wie bei der Rettung aus einem Pkw lässt sich die patientenorientierte Rettung aus dem Lkw in vier Phasen unterteilen: 1) Erstöffnung; 2) Versorgungsöffnung; 3) Befreiungsöffnung; 4) Befreiung des Patienten. Nach der Erkundung der Unfallsituation wird ein Zugang für den Notarzt zur Erstbeurteilung geschaffen. Gleichzeitig muss die Sicherung der Einsatzstelle wie etwa der Schutz vor ungewollter Bewegung des Fahrzeuges oder, falls erforderlich, das Stillsetzen des Motors sowie Aufnehmen austretender Flüssigkeiten vonstattengehen.
Nach den Erstmaßnahmen folgt die notfallmedizinische Versorgung. Die Rettungsfähigkeit des Patienten wird durch den Notarzt hergestellt. Nach Abschluss dieser Phase beginnt das Notarzt-Team mit der Erstversorgung, um eine schonende, patientenorientierte Rettung durchzuführen. In den meisten Fällen wird diese Befreiungsöffnung über die Fahrertür erfolgen. Diese wird mittels schweren technischen Geräten wie hydraulischem Spreizer und Rettungsschere entfernt. Eine Vergrößerung der Befreiungsöffnung erfolgt durch das Wegdrücken der Frontpartie mit Rettungszylindern. Bei ausreichender Größe der Öffnung erfolgen in der letzten Phase nun in enger Absprache mit dem Notarztpersonal die Rettung und der Transport aus dem Fahrerhaus. In diesem Teil der Rettung bestimmt ausschließlich der Notarzt das Tempo und die Ausführung der Arbeiten.

RETTUNGSGERÄT OHNE LÄSTIGE SCHLÄUCHE

Was sich bei der Demonstration von LUKAS auf der RETTmobil rasch zeigte, da diese mit den schlauchlosen Akkugeräten der eDraulic 2.0 Produktserie durchgeführt wurde, ist der enorme Zuwachs an Bewegungsfreiheit. „Wir bei LUKAS sehen die Zukunft von hydraulischem Rettungsgerät schlauchlos und mit Akku-Betrieb! Zumal die neueste Generation an Akku-Geräten mit den leistungsstarken Akkus mit wahlweise 5 oder 9 Ah keinerlei Leistungseinbußen aufweist“, klärt uns Wolf-Dieter    Röder, Produktmanager bei LUKAS, auf. Selbst Einsätze im bzw. unter Wasser sind seit kurzem mit Akku-Geräten von LUKAS möglich. Die Geräte der Sonderedition eWXT sind nämlich speziell für diese Einsatzlagen konzipiert.

So funktionierts:
QR-Code scannen oder darauf klicken und Video abspielen.

Auch wenn ein vollständiger und sämtliche Individualitäten umfassender Ratgeber zur Bergung von Lkw den Umfang einer BRANDHEISS-Ausgabe sprengen würde, möchten wir ein paar Tipps in Erinnerung rufen, die durchaus hilfreich sein können:

NÜTZLICHE TIPPS

  1. Kann der Motor nicht am Zündschloss abgestellt werden, kann dieser durch Einblasen von CO2 in die Luftansaugung stillgelegt werden. Abklemmen oder Durchtrennen der Treibstoffleitung führt ebenfalls zum Stillstand des Motors.
  2. Durch das Durchtrennen der Luftleitungen am Luftbalg der Luftfederung kann die Rettungshöhe minimiert werden. Lässt man die Luft aus den Reifen, kann die Rettungshöhe nochmal um bis zu 150 mm reduziert werden. Den Reifen dabei jedoch nicht zerstören, das behindert später den Abtransport.
  3. Ein um Rahmen und Fahrerhaus gespannter Zurrgurt verhindert ungewollte Bewegungen des Fahrerhauses.
  4. Vor der Schaffung eines Zuganges über die Tür müssen alle Scheiben der Türe und an angrenzenden Bauteilen entfernt werden.
  5. Scheiben können platzen und kleinste scharfe Glaspartikel können umherfliegen und zu Verletzungen der Insassen und der Helfer führen. Daher die Insassen vor den Arbeiten abdecken und immer Schutzkleidung/Schutzbrille/Staubmaske tragen. Entstandene Schnittkanten mit geeigneten Planen abdecken.
  6. Die Lkw-Tür hat ein sehr hohes Eigengewicht (ca. 80 kg) und muss vor Arbeiten an dieser gegen Absturz gesichert werden.
  7. Mit dem Spreizer am oberen Tüscharnier beginnend die Türe entfernen. Hier besteht auch die Möglichkeit, einen Spalt zur Befestigung der Sicherheitsleine am oberen Fensterrahmen zu erreichen.
  8. Wenn möglich einen kleinen Keil an die Türentriegelung innen klemmen, oftmals öffnet dann die Türe schon beim Spreizen des unteren Scharniers.
  9. Um die Frontpartie nach vorn drücken zu können, sind Entlastungsschnitte in der Fahrerhauskarosserie notwendig. Der erste Entlastungsschnitt ist an der A-Säule im oberen Drittel ca. 200 mm unterhalb der oberen Frontscheibenkante vorzunehmen. Der zweite Entlastungsschnitt sollte im Schweller zwischen der A- und der B-Säule mit einem Abstand von mindestens 200 mm von der A-Säule erfolgen.
  10. Falls vorhanden stets auf Markierungen des Herstellers für die zu tätigenden Entlastungsschnitte achten.
  11. Alle Batterien abklemmen. Falls dies nicht möglich ist, Aufenthalt im Bereich nicht ausgelöster Airbags vermeiden und keine Schneidarbeiten im Bereich nicht ausgelöster Airbags durchführen. Auch Erhitzung in diesem Bereich meiden und keine Gegenstände im Bereich nicht ausgelöster Airbags ablegen.  
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